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Comeback der Musiktherapie
Parkinsonpatienten schaffen es zu rhythmischen Klängen ihre Schritte zu kontrollieren, autistische Kinder lernen neue Wörter, wenn sie gesungen werden, Demenzkranke erinnern sich plötzlich an längst Vergessenes, wenn sie vertraute Melodien hören.
12. Jänner 2018, 02:00
Dimensionen
Medizinische Klänge (12 12 2017)
All das ist faszinierend und scheint gleichzeitig auf der Hand zu liegen. Denn dass die richtigen Klänge eine positive, sogar euphorisierende Wirkung auf uns haben, können wohl die meisten bestätigen. Ob Opernfreundin, Volksmusikliebhaber oder Beyoncé-Fan. Und Berichte über die schmerzlindernde und bewusstseinsverändernde Kraft von Klängen existieren in allen Kulturkreisen.
"Es gibt Parkinsonpatienten, die können keinen Schritt tun und dann schalten sie die Stereoanlage an und gehen zum Kühlschrank als ob nichts wäre", sagt Stefan Kölsch Professor für biologische Psychologie und Musikpsychologie an der Universität Bergen in Norwegen.
Wirkung noch Großteils unbekannt
Musiktherapie ist heute in Österreich und Deutschland recht etabliert. Erste Einsätze in Kliniken gehen bereits auf das 19. Jahrhundert zurück. Trotzdem hat sie im medizinischen Kontext ein Rechtfertigungs-Problem. Für viele Mediziner ist sie nicht mehr als ein Orchideenfach, eine nette Beschäftigungstherapie für ihre Patienten.
Das liegt auch daran, dass man noch recht wenig darüber weiß, wie genau Musik auf unseren Körper und unsere Psyche wirkt. Obwohl gerade die Hirnforschung seit zehn, 15 Jahren ein spezielles Interesse an der Musik hat, gibt es bisher nur einzelne Anhaltspunkte. Einer davon: Musik spricht ganz viele Hirnareale an.
"Musik ist an vielen Stellen im Gehirn abgespeichert. Wenn dann über eine Melodie, die jemand singt, die Netzwerke im Gehirn aktiviert werden, dann wird ein Rückgriff auf Gedächtnisinhalte möglich, die schon ganz lange im Gehirn vorhanden sind", meint Thomas Stegemann, Leiter der Musiktherapieausbildung an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien.
Es gibt aber mittlerweile einen ganzen Berg an zuverlässigen Studien, die beweisen, dass Musiktherapie bei vielen Krankheiten zweifelsfrei wirkt. Auch wenn sich nicht immer genau sagen lässt, woran das liegt. Besonders eindrückliche Ergebnisse gibt es etwa bei Patienten mit Erkrankungen des Nervensystems.
"Das Hören von Musik erleichtert den Abruf episodischer Gedächtnisinhalte", sagt Stefan Kölsch, Professor für biologische Psychologie und Musikpsychologie an der Universität Bergen in Norwegen.