Wolf D. Prix

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Im Gespräch

Der Architekt Wolf D. Prix

"Architektur muss brennen", dieser Slogan, von Coop Himmelb(l)au zu Beginn der 1980er Jahre erfunden, zündet noch immer, findet Wolf D. Prix. "Dabei geht es natürlich nicht um das Anzünden von Häusern", präzisiert der weltweit adorierte Architekt, "es geht um die Energie, die ein Gebäude abstrahlt."

"Wir wollten eine radikal neue Architektur erschaffen."

Einmal Rock ’n’ Roller, immer Rock ’n’ Roller: Als Architekturstudent hat sich Wolf D. Prix – wie die Coop-Himmelb(l)au-Mitbegründer Helmut Swiczinsky und Michael Holzer – für die wilden, dionysischen Beats begeistert, mit denen die Rolling Stones und andere Bands aus Großbritannien und den USA den Nachkriegsmief hinwegrockten.

"Mick Jagger in der Stadthalle, das war was", schwärmt Prix noch heute. "Wir sind natürlich zum Konzert hingepilgert und haben dort ein Plakat hochgehalten: Die TU Wien grüßt die Rolling Stones!"

Für die Wiener Architektur-Revoluzzer war klar: Mit dem öden, ideenlosen Funktionalismus der Nachkriegszeit wollten sie nichts zu tun haben. Wie die Rolling Stones die Welt der Musik veränderten, so wollten Coop Himmelb(l)au die Welt der Architektur aus den Angeln heben. "Damals herrschte ein anderer Zeitgeist als heute", erinnert sich Prix: "Es war ein Zeitalter des Optimismus. In den 1960er und 1970er Jahren haben wir fest daran geglaubt, dass die Zukunft uns gehört. Wir wollten eine radikal neue Architektur erschaffen."

"Europa hat Angst vor der Zukunft."

Heute dagegen ortet Prix eine allumfassende Mutlosigkeit, die ihn immer wieder einmal an den Rand der Verzweiflung treibt. "Die Bereitschaft, neue Systeme auszuprobieren, ist in China oder Aserbaidschan, wo wir auch bauen, sicher am größten. Europa dagegen hat Angst vor der Zukunft."

Wolf D. Prix

Wolf D. Prix 2012 in Frankfurt.

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Zwar konnte Coop Himmelb(l)au in den vergangenen Jahren auch in Europa eine Reihe innovativer Bauten realisieren - die "BMW Welt" in München zum Beispiel, oder den imposanten EZB-Turm in Frankfurt -, dennoch ist Prix davon überzeugt: "Die europäischen Gesellschaften sind von Ängsten zerfressen. Das sieht man auch an den jungen Leuten, denen es vielfach nur noch um Sicherheit geht. Tugenden wie Wagemut und Innovationskraft sind da deutlich weniger ausgeprägt. Mit dieser Haltung kann man die Zukunft aber nur schlecht bewältigen."

Wolf D. Prix im Musee des Confluences

Wolf D. Prix im Musee des Confluences, Lyon

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Wolf D. Prix bezeichnet seinen architektonischen Ansatz als "anti-autoritär", daran habe sich seit den Anfängen von Coop Himmelb(l)au in den späten Sechzigern nichts geändert. "Wir wollten luftig und leicht bauen. Daher auch unser Name: Coop Himmelb(l)au. Die Bauten von Coop Himmelb(l)au sollten leicht und luftig sein wie die Freiheit."

Und heute? Die Auftraggeber des Architekturbüros sind mächtige Kapitalgruppen und transnationale Konzerne wie BMW. Ist das nicht ein Widerspruch in sich: anti-autoritär bauen für Mächtige?

"Aber wieso denn?", fragt Prix lachend: "Ich baue anti-autoritär für Mächtige, das ist in meinen Augen kein Widerspruch. Ich realisiere ja nicht das, was die Mächtigen wollen, ich baue das, was ich will. Auch in China. Ich baue offene Systeme, ob die nun in der Gegenwart genützt werden oder später, ist mir egal."

Museum of Contemporary Art & Planning Exhibition im chinesischen Shenzhen

APA/SZETO WING

Als Architekt und innovativer Baukünstler hat Prix erreicht, was man erreichen kann: Er ist Mitglied des österreichischen Kunstsenats, das Museum of Modern Art in New York hat sich mit seinen Arbeiten auseinandergesetzt, das Centre Pompidou in Paris zeigt Werke von Coop Himmelb(l)au in seiner Dauerausstellung.

Zu seinem 75er hat Prix nur einen einzigen Wunsch: Er möchte gern noch das eine oder andere spektakuläre Gebäude in Österreich bauen, denn ausgerechnet in Prix’ Heimatland hat das Büro noch kein einziges Großprojekt realisiert. "Ich will nicht nur etwas für das Ansehen Österreichs in der Welt tun", formuliert Prix: "Ich würde gern auch etwas für das Aussehen Österreichs tun."

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