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KLETT & COTTA

Literatur

Howard Jacobsons Trump-Satire "Pussy"

Der Aufstieg von US-Präsident Donald Trump beschäftigt nicht nur politische Beobachter und Journalisten, sondern auch Schriftsteller. Nach Salman Rushdie hat sich auch der britische Booker-Preisträger Howard Jacobson in Romanform mit dem Phänomen Trump beschäftigt. Das Buch erscheint jetzt auf Deutsch und trägt den bezeichnenden Titel "Pussy" - womit der Intimbereich von Frauen gemeint ist, der nach Trumps eigenen Worten begrapscht werden sollte.

Morgenjournal | 15 01 2018

Birgit Schwarz hat den Autor in Berlin getroffen.

Wut im Bauch

Howard Jacobson hat sich noch in der Nacht, in der Donald Trump gewählt wurde, an seinen Schreibtisch gesetzt um sich seinen Ärger und seine Angst von der Seele zu schreiben.

"Meine Wut hat sich aber nicht nur gegen Donald Trump gerichtet, denn er schlicht und einfach nur ein Narr. Und die Welt voll mit Narren. Nein, ich bin wütend auf seine Wähler geworden. Kann es auf der Welt auch nur einen einzigen Menschen geben, der meint, er sei kein Narr? Eigentlich nicht. Aber es gibt nicht nur einen, es gibt 60 Millionen."

Howard Jacobson

AFP/CARL COURT

Howard Jacobson

Wie schreibt man über Unglaubliches?

Dabei ist in der Rekordzeit von nur zwei Monaten eine Art satirisches Märchen entstanden. Über einen jungen Mann, der von kruden Fernseh-Shows geformt wird, der Frauen verachtet und der zum ungehobelten Herrscher über sein Volk aufsteigt.

"Ich habe das nicht geplant, ich habe nicht darüber nachgedacht - ich musste meinen Zorn herauslassen. Und ich wusste gleich, dass ich eine Art Märchen schreiben muss, eine Fantasiegeschichte. Denn die Wahl von Donald Trump, die sprengt ja jede Vorstellungskraft. Also wie schreibt man über etwas, das tatsächlich passiert ist, das man aber schlicht nicht glauben kann?!"

"Dieses Monster ist ein Kind unsrer Zeit"

Und so schreibt Howard Jacobson über einen Prinzen Namens Fracassus mit orange-blondem Haar, der in seiner Fantasie-Republik im Roman schlimme Dinge tut, die aber alle im richtigen Leben vom echten Donald Trump noch übertroffen werden.

"Ich wollte aber nicht nur eine Satire über Donald Trump schreiben, ich wollte auch über die Menschen schreiben, die ihn gewählt haben - und die Frage stellen, wer sind wir, die wir dieses Monster erschaffen haben."

Buchcover

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Und dieses Monster, sagt Jacobson, sei ein Kind unserer Zeit. Ein Mann, der mit seinen Bewunderern über soziale Medien kommuniziert, der Bildung für überflüssig hält. Daumen rauf oder Daumen runter. Ich liebe Dich oder ich hasse Dich. Bei Facebook oder Twitter gibt es keinen Platz für Zwischentöne.

"Er braucht keine Panzer. Er hat Twitter"

"Wir wissen doch, dass man über wichtige Dinge nicht einfach mit Daumen rauf oder Daumen runter entscheiden kann. Aber dieses Massenmedium, Social Media, dass Milliarden Menschen auf der Welt nutzen, kennt keine Zwischentöne, es verschließt unseren Geist, und es zerstört unsere Fähigkeit kritisch zu denken und Dinge zu hinterfragen."

Donald Trump sei in ein Vakuum vorgestoßen, das linksliberale Eliten hinterlassen hätten, weil sie sich zu sehr von den Menschen entfernt hätten.

"Und diese Lücke hat Donald Trump gefüllt, wie schon andre diktatorische Figuren vor ihm, die sind auch in Lücken gestoßen. Diesen offenen Platz hat Trump genutzt. Er musste gar nicht einmarschieren. Er braucht keine Panzer. Er hat ja Twitter."

Im Buch regiert der Herrscher wie ein trotziges, bösartiges Kind mit kurzen, dummen Sätzen via Twitter. Doch die Fiktion ist längst eingeholt von einer Wirklichkeit, in der Donald Trump via Twitter damit prahlt, er habe den größten Atomknopf. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass der echte Herrscher von Menschen umgeben ist, die ihn davon abhalten diesen Knopf auch zu drücken.

Service

Howard Jacobson, "Pussy", Roman, Klett-Cotta

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