UNIVERSALMUSEUM JOANNEUM/N. LACKNER
Frauen in Gesellschaft
Shirin Neshats mystische Bilder in Graz
In ihren Arbeiten zeichnet sie ein sensibles Bild der Frau im Islam. Die im Iran geborene und in den USA lebende Fotografin und Filmemacherin Shirin Neshat ist ein Weltstar und gern gesehener Gast bei der Berlinale oder den Filmfestspielen von Venedig. Im vergangenen Jahr hat die Exil-Iranerin bei den Salzburger Festspielen erstmals eine Oper - Verdis "Aida" - inszeniert. In der Neuen Galerie in Graz ist nun ihre Ausstellung "Frauen in Gesellschaft" zu sehen.
18. Februar 2018, 02:00
Morgenjournal | 18 01 2018
Kirsten Hauser
Iranische Dichterinnen auf der Haut
Im ersten Ausstellungsraum in der Neuen Galerie hängen rund zwanzig Schwarz-Weiß-Fotografien. Sie zeigen Frauen in traditionellen islamischen Gewändern - Körper und Gesichter zum Teil oder ganz verschleiert. Die Haut beschrieben mit Texten iranischer Dichterinnen, in ihren Händen halten diese Frauen sowohl Kinder als auch Waffen.
Courtesy: S. Neshat, Gladstone Gallery N.Y. & Brüssel
Shirin Neshat, "I Am Its Secret", 1993, (Aus der Serie: "Women of Allah", 1993-1997). Silbergelatineabzug und Tinte
Shirin Neshats mystische Bilder schockieren und faszinieren zugleich. Mit ihrer Serie "Women of Allah" wurde die Exil-Iranerin in den 1990er Jahren weltberühmt. In ihrer Heimat ist ihr archaisch-poetisches Werk bis heute unbeliebt. Denn Shirin Neshat wirft einen kritischen Blick auf Frauen in islamisch geprägten Gesellschaften. Kurator Günther Holler-Schuster betreut die Ausstellung in Graz, die im vergangenen Jahr in Tübingen erstmals in Europa zu sehen war.
"Als sowohl westliche Frau wie auch Orientalin ist sie natürlich von beiden Kulturen, die sehr unterschiedlich sind und in ihrer Tradition auch sehr unterschiedlich wahrgenommen werden können, geprägt", erklärt der Kurator. "Das heißt, sie zeigt zunächst die Sichtbarkeiten in ihrer ersten Serie ‚Women of Allah‘, die nicht nur mit ihrem Bild als Frau, aber auch damit zu tun haben. Man weiß ja, dass das islamische oder schiitische Märtyrerwesen sich auf Männer bezieht. Sie nimmt dieses Recht auch für Frauen in Anspruch."
Porträtserie "Book of Kings"
Die islamische Frau zielt mit einer Schusswaffe auf den Betrachter - ein Motiv, das mehrfach in der Serie "Women of Allah" vorkommt. 1979, kurz vor der Islamischen Revolution schickte Neshats Vater die heute 60-Jährige in die USA. Der kulturelle Wandel in ihrer Heimat prägt seither ihr Schaffen. Die monumentale Porträtserie "Book of Kings" aus dem Jahr 2012, die erstmals in Österreich gezeigt wird, ist inspiriert vom Arabischen Frühling. Jüngere Arbeiten öffnen einen weitaus persönlicheren Blick auf Shirin Neshats Leben. Die Heimat als Sehnsuchtsort ist Motiv zweier Videoarbeiten aus 2017.
Der kulturelle Wandel prägt ihr Schaffen
Holler-Schuster: "Sie wollte ihre Situation als eine im Westen lebende Künstlerin mehr in den Vordergrund stellen und sie wollte vor allem die Realität immer mehr in Richtung Traum verlassen. Die beiden letzten Videos hier sind aus einer Trilogie, die ‚Dreamers‘ heißt, wo ihre eigenen Träume Ausgangspunkt für neue Filmsequenzen bzw. Videoinstallationen werden - handeln aber im Grunde auch wieder von dieser Entfremdung, von dieser Getriebenheit zwischen diesen beiden kulturellen Räumen, aber auch von der ganz subjektiven Empfindung des Heimwehs und von dem, dass man seine ursprüngliche, in der Kindheit oder in der frühen Jugend verlassene Heimat nicht wiederfindet."
S. Neshat, Courtesy Gladstone Gallery, N. Y. und Brüssel
Service
Neue Galerie Graz - Shirin Neshat. Frauen in Gesellschaft. 18.1. bis 22.4.2018