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Musik
Rapper Nazar legt Autobiografie vor
Der 33-jährige Wiener Nazar ist Österreichs erfolgreichster Rapper. Millionenfach verkaufte Alben. TV-Präsenz, Werbeverträge, vielfacher Amadeus-Gewinner. Dazu eine bekannt prononcierte politischen Meinung und öffentlich ausgetragene Auseinandersetzungen mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Nun legt Nazar seine Autobiografie mit dem Titel "Mich kriegt ihr nicht" vor.
28. Februar 2018, 02:00
Morgenjournal | 27 01 2018
Darin geht der Rapper schonungslos mit sich selbst und seiner eigenen Geschichte ins Gericht. "Mich kriegt ihr nicht" ist weniger Werbeeinschaltung als Statement. Und zu sagen hat Nazar noch viel - nicht zuletzt zur aktuellen politischen Lage in Österreich, wie er im Interview wissen ließ.
Terrorrapper entwaffnend offen
Der Terrorrapper, der mit harten Beats und kompromisslosen Texten scharf schießt. Ardalan Afshar alias Nazar will wohl nicht zuletzt diesem Klischee mit seiner entwaffnend offenen Biografie entgegentreten. "Wer mein Buch liest und mich vorher nicht mochte, wird mich danach noch weniger mögen", meint Nazar. "Und wenn man mich vorher mochte, dann wohl ein bisschen mehr zweifeln, ob ich echt so ein cooler Typ bin." Dabei kokettiert das Buch natürlich mit dem Image des ausgekochten Schlitzohres, das in brenzligen Situationen stets einen Schritt voraus war, mit Vorliebe der Wiener Polizei. Der smarte Straßenpoet, der irgendwann registriert, dass sich das echte Gangsterleben nicht mit seinem inneren moralischen Kompass versöhnen lässt und stattdessen die Musik das Ventil wird.
Bruchbuden-Blues und Rapper statt Gangster
Nazar ist zwei Jahre alt als die Familie aus dem kriegsgebeutelten Teheran flieht. Der Vater ist im Golfkrieg gestorben. Drei Fluchtversuche scheitern. Dann endlich: Wien. Die Familie wohnt in einer 20m2-Bruchbude, die Mutter schläft mit dem Sessel gegen die Wohnungstür gelehnt, weil sich die nicht absperren lässt. Es folgen Schulverweise, eine kriminelle Karriere, schließlich U-Haft.
Ausschlaggebend für das gerade noch rechtzeitige Abbiegen in die Welt des Hip Hop (und hochgeschätzt, wie bei vielen anderen Rappern auch): die Mutter. Seine kriminelle Karriere dauerte "bis ich dann realisiert habe, dass es definitiv nicht das Ziel meiner Mutter war, ihr ganzes Leben zu riskieren und zu opfern, damit ich hier in diesem Land ein Krimineller werde", blickt Nazar auf seine Tage als rabiater Problemfall zurück.
"Ich habe nicht mehr diesen Hunger und diese Wut"
In der Musik geht Nazar den direkten Weg. Von Wien Favoriten in die MTV Charts - Nonstop. Keine Lehrzeit, sondern mit dem Kopf voran ins kalte Wasser. "Ich habe meine ersten Songs geschrieben, drei davon aufgenommen und auf MySpace gestellt. Danach habe ich direkt unzählige Label-Angebote bekommen und ich glaube, der erste Song, den ich für mein Album aufgenommen habe, war vielleicht der sechste, den ich je in meinem Leben geschrieben habe."
Leiden, Kämpfen, das Ringen um die Existenz - diese Dinge stehen für Nazar für die Essenz von gutem Hip Hop. Nur diese Substanz macht das Genre zur Projektionsfläche für Hoffnungen und Fantasien. Kein leichtes Unterfangen für einen, der längst ein flauschig gepolstertes Leben führt. Nazar weiß, dass seine dürren Jahre längst Geschichte sind. "Ich merke es ja teilweise bei mir selbst auch", sagt Nazar. "Fans schreiben mir, dass meine alten Alben eine andere Bedeutung hatten. Die hören natürlich, dass ich gar nicht mehr diesen Hunger, diese Wut und diese Themen verarbeiten kann wie damals als ich um meine Existenz gekämpft habe."
"30-jährige Burlis" auf der Regierungsbank
Fast klingt es so als wäre Nazar angekommen, doch statt eines goldenen Throns wartet am Ende der Reise ein großes Loch. Das Business korrumpiert und untergräbt in seinem Profitstreben auch den Spaß an der Sache. "Durch diese Beträge, die du von deinem Label bekommst, bekommst du auch sehr viel Druck. Du musst da sein. Du musst immer liefern können und Zahlen erbringen. Es geht nur noch um Zahlen."
Trotz Erschöpfungstendenzen bleibt das politische Sensorium des bekennenden Sozialdemokraten alert - und bleiben seine Einschätzungen unverblümt direkt. Auf der Regierungsbank sieht er "30-jährige Burlis, die selbst noch nie die Erfahrung machen mussten, wie es ist, arbeiten zu müssen, um Geld zu verdienen." In der aktuellen Debatte rund um den FPÖ-Politiker Udo Landbauer überraschen ihn weniger die Vorwürfe als der Grad der öffentlichen Erregung. "Jetzt zu tun, als wäre man total schockiert, weil man Nazi-Texte in Burschenschaften und irgendwelche Nazis in Regierungen,…" An dieser Stelle stoppt Nazar. "Darf man das überhaupt sagen?" Er korrigiert sich sofort. "Sagen wir Rechtsextreme. Dass es das gibt, da ist es doch absolut lächerlich, so zu tun als ob man schockiert wäre und man etwas dagegen unternehmen muss." Auch in "Ihr kriegt mich nicht" spart Nazar weder mit Kritik noch mit Selbstkritik. Das Sympathische daran ist, dass er auch seine Narben ausstellt und seine im Wiener Straßenslang gefärbte Tellerwäscher-zum-Millionär-Parabel deshalb trotz aller Erfolge nicht nur glänzt.
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Nazar, "Mich kriegt ihr nicht", edition a