Oestrreichische Zollbeamten entfernen begeistert die Grenzschranke, die Oesterreich von Deutschland trennt

ASSOCIATED PRESS

Radiokolleg

Stationen einer Machtübernahme - vier Gespräche

Vier Gespräche über bekannte und unbekannte Bilder, Herrschaft, selektives Erinnern, das Eingestehen von Verantwortung und Vergessen.

Station 1: Bilder einer Machtübernahme

Hans Petschar ist Historiker und Direktor des Bildarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek. Dort lagern unter anderem Amateurbilder aus Nachlässen mit zeitgeschichtlichem Wert. Diese, so Hans Petschar im Gespräch mit Wolfgang Ritschl, zeichnen ein etwas anderes Bild von der Annexion Österreichs als die offiziellen NS-Propagandaaufnahmen. Unter anderem zeugen beklemmende Fotos von den gewalttätigen und demütigenden antisemitischen Ausschreitungen, die Wien unmittelbar nach der Machtübernahme der Nazis erfassten.

Station 2: Die Einverleibung

Gerhard Botz ist emeritierter Professor für Zeitgeschichte und hat in Graz, Salzburg und Wien gelehrt und geforscht. Im Gespräch mit Wolfgang Ritschl zeichnet er die Machtübernahme der Nazis nach. Unter anderem, wie diese noch zur Zeit des austrofaschistischen Ständestaatsregimes die staatlichen Institutionen unterwandert haben und nach der Annexion Österreichs gezielt ihre Herrschaft sicherten.

Station 3: Die Opferumkehr

Oliver Rathkolb ist Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte an der Universität Wien und Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats für das Haus der Geschichte Österreich. Im Gespräch mit Wolfgang Ritschl erklärt er, welche gesellschaftliche Funktion die Selbstdarstellung Österreichs als erstes Opfer der Nazis hatte. Unter anderem jene, zahlreiche Konflikte aus der Zwischenkriegszeit, vor allem solche aus der Zeit des Austrofaschismus, nicht aufarbeiten zu müssen. Diese sind teils bis heute nicht geklärt. Eine Auseinandersetzung mit der eigenen Täterrolle während der NS-Zeit begann in Österreich erst in den späten 1980er Jahren, anlässlich der Debatte um die NS-Vergangenheit des damaligen Bundespräsidenten Kurt Waldheim.

Station 4: Niemals vergessen

Die Historikerin Heidemarie Uhl ist Dozentin am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Im Fokus des Gesprächs mit Wolfgang Ritschl steht der Wiener Heldenplatz, wo am 15. März 1938 die Begeisterung der Massen für Adolf Hitler deutlich wurde. Der Ort spielt eine tragende Rolle im österreichischen Gedächtnis und ist Ausgangspunkt zahlreicher künstlerischer Arbeiten und politischer Kundgebungen.

Buch-Tipps

"Nacht über Österreich. Der Anschluss 1938 - Flucht und Vertreibung", Hans Petschar, Michaela Pfunder, Residenz Verlag (Ausstellungsband)

"Nationalsozialismus in Wien. Machtübernahme, Herrschaftssicherung, Radikalisierung, Kriegsvorbereitung. 1938/39", Gerhard Botz, Mandelbaum Verlag

"Die paradoxe Republik: Österreich 1945 bis 2015", Oliver Rathkolb, Zsolnay Verlag

"Vom Opfermythos zur Mitverantwortungsthese. Transformationen des "österreichischen Gedächtnisses", Heidemarie Uhl, in: Monika Flacke (Hg.), Mythen der Nationen. 1945 – Arena der Erinnerungen", Deutsches Historisches Museum Berlin (Ausstellungskatalog)

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