"Rise And Rise Again" von Shake Stew

7. Mai 2018, 02:00

"Ein in sich geschlossenes, energetisches Zeugnis"

"Rise And Rise Again" ist gewissermaßen ein Schnellschuss, dem man das nicht anhört. War es beim Debütalbum "The Golden Fang" ein einziger Nachmittag, an dem es die Band eingespielt hat, so reichten Shake Stew diesmal vier Stunden im Studio - das Ergebnis ist einmal mehr beeindruckend.

"Wir waren um zwölf dort, um 17 Uhr spielbereit und um 21 Uhr war das Album quasi fertig", sagt Lukas Kranzelbinder, Jahrgang 1988: "Jeder kann heutzutage jederzeit alles veröffentlichen. Für mich muss es deshalb einen Grund geben, warum man ein Album veröffentlicht. 'Rise And Rise Again' ist für mich ein in sich sehr geschlossenes, energetisches Zeugnis einer Phase dieser Band, die sich bis heute eigentlich fortführt."

Kranzelbinder breitet mit seinen Kompositionen dabei wieder einen feingewobenen Teppich aus, über dem sich dann die Freiräume für die Solisten öffnen. Wirkte das Debütalbum noch unbändiger im energiegeladenen Spiel der Formation, so ist das neue Werk homogener und feiner destilliert. Rote Fäden zeichnen sich ab, klarere Klangideen und Energien. Dennoch startet mit jedem Track ein neues akustisches Roadmovie.

Afrika im Rückspiegel

Es sind nicht nur die Fotos auf der Band-Webseite von Konzerten in Marokko, die einen bei diesem Album und seinen am Fenster vorbeifliegenden Klang-Landschaften an den afrikanischen Kontinent denken lassen: "Die Reisen nach Afrika haben in mir etwas ausgelöst, das sich auch sehr nachhaltig in meiner Musik verwurzelt hat: sowohl musikalische Elemente aus dem Norden, der marokkanischen Gegenden, als auch aus dem Süden. Das passiert unbewusst, kommt einfach raus. Irgendwie geht's da tiefer rein in die Musik, ein Stück wie 'How We See Things' nimmt mich emotional mehr mit. Jedes Mal wenn wir das live spielen, merkt man nach wenigen Takten wie die ganze Band darin versinkt. Im Idealfall überträgt sich das dann oft auch auf das Publikum und so intensive Momente habe ich früher eigentlich selten erlebt."

Drei Saxophone & zwei Bässe: "Den Ton melken"

Das Ensemble ist dabei das gleiche geblieben, das auch 2016 eine gefeierte Konzertreihe als Stageband im Porgy & Bess gespielt hat: Clemens Salesny und Johnny Schleiermacher, Mario Rom, Manu Mayr, Niki Dolp und Matthias Koch, zu denen sich bei zwei Nummern noch einer der derzeit gefragtesten europäischen Jazzsaxofonisten dazugesellt, der Brite Shabaka Hutchings.

Kranzelbinder schreibt immer mit der Spielweise der einzelnen Bandmitglieder im Kopf. Und sind es mal die virtuosen Soli von Johannes Schleiermacher oder Mario Rom im Dialog mit Hutchings, die aus dem Ensemblesound hinausführen ohne mit ihm zu brechen, so ist es doch die Doppelung der Instrumente, das Ineinanderwirken von zwei Bässen etwa, das den Sound von Shake Stew so speziell macht.

"Mein Lehrer hat früher oft gesagt: man muss den Ton melken", erzählt Kranzelbinder. "Sowas passiert genau in diesen Momenten: Diese Dezimen, die die zwei Bässe etwa spielen, das ist etwas das man auch allein immer wieder macht, aber die Möglichkeit, die du mit zwei Bässen bekommst ist einfach die, dass du jeden Ton aufs Maximale klingen lassen kannst. Für mich als Bassist sind das Luxussituationen, die mich auch motivieren, immer wieder etwas Neues zu schreiben."

Ausflug in Klangwelten

Dabei ist es vor allem die Stimmung, die Energie des Stücks, die für Lukas Kranzelbinder essentiell ist: "Für mich ist Musik etwas, was einem wahnsinnig viel Kraft und Energie geben kann, was einen raufbringen, einen runterholen kann. Was mich mitnehmen kann in eine andere Welt." Auf "Rise And Rise Again" ist es nicht nur eine, sondern es sind gleich mehrere Klangwelten, in die man sich mitnehmen lassen kann.

Gestaltung

• Benno Feichter