LISA RASTL
Ausstellung
"Die Stadt des Kindes" im Az W
"Die Stadt des Kindes: Vom Scheitern einer Utopie." Mit dieser Ausstellung weist das Architekturzentrum Wien (Az W) auf ein weiteres Jubiläum hin, das heuer gefeiert wird: 50 Jahre 1968. Die Stadt des Kindes am Stadtrand von Wien galt bei ihrer Eröffnung 1974 weltweit als Vorreiter der sozialreformerischen Architektur. Die Ausstellung erzählt aber auch vom Scheitern dieser von Architekt Anton Schweighofer gebauten Utopie.
18. Mai 2018, 02:00
Morgenjournal | 17 04 2018
Wer kennt sie nicht: die Mode der 1968er Jahre - die Musik, das Design. Wer kennt aber schon die Architektur, die damals die revolutionären 68er Ideen unterstützen sollte? Weil Architektur langsam ist und teuer, ist die Stadt des Kindes weltweit eine der wenigen Ikonen der Architektur der 1968er Jahre.
Prototypisch für den Wohlfahrtsstaat der 70er Jahre
In Skizzen und Plänen von Architekt Anton Schweighofer zeigt diese Ausstellung, wie das neue Leben und Lernen ermöglicht werden sollte. Eine besondere Rolle bei der Sozialpädagogik spielte die Freiraumgestaltung. Auf dem fünf Hektar großen Areal konnten die Kinder ab der Eröffnung der Stadt des Kindes 1974 die Natur und sich selbst entdecken.
Untergebracht waren hier gefährdete Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen und Waisenkinder. In zwei Dokumentarfilmen kommen sie selbst zu Wort: "Das war unsere Stadt. Hier waren etwa 300 Kinder in den verschiedenen Gruppen und Heimen untergebracht. Ich kann mich noch erinnern, als ich damals mein Einzelzimmer bekam, das war super. Ich hatte die Wände voller Poster."
Die Probleme kamen erst spät zutage
Angesprochen wird auch das Konfliktpotential der neuen antiautoritären Erziehung, der großen Freiheit in einem Heim, in dem die Kinder sogar ihre Türen zusperren durften. Man hört auch von Missbrauch und drogensüchtigen Erziehern - das alles wurde spät aber doch in einem Bericht der Historikerkommission 2012 aufgearbeitet.
Geschlossen wurde die Stadt des Kindes aber schon 2002. Denn neue sozialpädagogische Konzepte plädierten für die Unterbringung in Kleingruppen. 2006 verkaufte die Stadt Wien das fünf Hektar große Areal an zwei Wohnbauträger, 2008 erfolgte der Teilabriss. Nur das Schwimmbad, der Turnsaal und zwei Familienhäuser blieben stehen, der Rest machte neuen Wohnbauten Platz: in hoher Qualität errichtet von den Architekten Walter Stelzhammer und Peter Weber.
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Nachverdichtung ausgerechnet im Grünraum?
Auch wenn die Nachverdichtung in der Großstadt notwendig ist, stellt Kuratorin Monika Platzer die Frage: Müssen wirklich so viele Grünräume von der Stadtgemeinde zu Geld gemacht und verbaut werden? "Der Freiraum schrumpft im städtischen Bereich. Muss wirklich gerade hier nachverdichtet werden?"
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Immerhin in dieser Ausstellung kann man die Stadt des Kindes noch besichtigen: als prototypisch für den Wohlfahrtsstaat und die Utopien der 68er Jahre. In der Realität ist nicht viel mehr übrig geblieben, als der Name: Stadt des Kindes.
Service
Az W - Die Stadt des Kindes: Vom Scheitern einer Utopie. Bis 28. Mai 2018