APA/ROLAND SCHLAGER
1927
Justizpalast, Wien
Bei den blutigen Unruhen am 15. Juli 1927, die auf den Freispruch der Täter von Schattendorf folgten, wurde der Justizpalast in Wien in Brand gesteckt. Das gesamte oberste Stockwerk war zerstört. Die Aufstockung sorgte für Aufregung.
19. November 2018, 14:51
Auf Brand folgt Schand'
Brand: 1927
Architekten: Heinrich Ried
Adresse: 1010 Wien, Schmerlingplatz 10-11
Damals divergierten die Meinungen, ob der Palast - als Symbol der Reaktion - abgerissen oder erneuert werden sollte. Die konservativen Kräfte setzen sich durch, und so wurde das von Alexander Wielemans 1881 fertig gestellte Gebäude wiederhergestellt.
Ein Wettbewerb wurde ausgeschrieben, den der in der Monarchie ausgebildete Architekt Heinrich Ried – bekannt für seine manieristische Richtung, gewann. Als nach der Abtragung der Baugerüste die Aufstockung sichtbar wurde, die sich unzeitgemäß mit kräftigen Farben und Ornamenten präsentierte, brach ein Sturm der Entrüstung aus.
ÖNB
Die Architekturhistorikerin Ursula Prokop schreibt im Architektenlexikon: "Diese demonstrative Negation aller sachlichen Zeitstile und Strömungen – nach heutiger Auffassung eine Art Vorwegnahme der Postmoderne – brachte Ried bei der Wiederherstellung und Aufstockung des Wiener Justizpalastes, die er um 1930 durchführte, in Schwierigkeiten. (…) Nahezu alle Fachleute und Architekten, inklusive Josef Frank und Josef Hoffmann, verurteilten die ‚Justizpalastschande‘. Eine Ehrenbeleidigungsklage Rieds blieb allerdings ohne Folgen für die Kritiker."
ÖNB/BLAHA
Der Wiener Justizpalast beherbergt den Obersten Gerichtshof, die Generalprokuratur, das Oberlandesgericht Wien, die Oberstaatsanwaltschaft Wien und das Landesgericht für Zivilrechtsachen Wien. Nach einer umfassenden Generalsanierung steht das Gebäude seit 2007 seinen Benutzern wieder offen.
APA/GEORG HOCHMUTH
"Erneuert worden ist hier so gut wie alles", so Architekt Robert Grossmann vom Atelier 23. Er hat für die Bundesimmobiliengesellschaft die Generalsanierung des Justizpalastes in der Endphase geleitet: "Die gesamte Haustechnik ist erneuert worden, die Sicherheitstechnik, die Beleuchtung, viele Neubauteile. Wir haben einen Dachbodenausbau gemacht mit über 5.000 m2. Es wurden neue Fluchtstiegen errichtet, die Bibliothek wurde ausgebaut, Raumressourcen wurden frei gemacht und es wurden alle Oberflächen restauriert. Eine der größten Herausforderungen war es, die große Halle zu sanieren. Die dortige Stahlkonstruktion war am Ende ihrer Lebensdauer", erläutert Robert Grossmann.
Die Hauptidee war, das geschichtsträchtige Gebäude in Ringstraßennähe einerseits zu erhalten, andererseits in die jetzige Zeit zu bringen, was auch gut gelungen ist.
Service
Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie - Justizpalastbrand