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1954
Schwedensiedlung, Oberösterreich
Ein verheerendes Hochwasser verschärfte 1954 den gravierenden Wohnungsmangel, der in Linz seit dem 2. Weltkrieg herrschte. 50 Fertigteilhäuser, die zwei schwedische Hilfsorganisationen der oberösterreichischen Landeshauptstadt zur Unterbringung Hochwassergeschädigter spendeten, sollten das Problem lindern.
4. September 2018, 05:00
Uppsala in Urfahr
Errichtung: 1954
Architektur: unbekannt
Adresse: 4040 Linz-Urfahr
Nach dem 2. Weltkrieg herrschte in der oberösterreichischen Landeshauptstadt gravierender Wohnungsmangel. "Durch die Luftangriffe während des 2. Weltkriegs, wurde ein sehr großer Teil der Wohnungen in Linz zerstört. Ungefähr ein Drittel der Wohnungen war nicht mehr benützbar", weiß die Historikerin Cornelia Daurer vom Stadtarchiv Linz: "dann kamen mit den Besatzungsmächten natürlich die Soldaten, die auch Unterkünfte brauchten und unmittelbar nach dem Ende des Krieges gab es auch einen starken Zustrom von Flüchtlingen nach Linz."
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Während der NS-Zeit befanden sich in Linz 77 Zwangsarbeitslager, in deren ehemaligen Baracken nach Kriegsende dann die Flüchtlinge untergebracht wurden. "Im Jahr 1953 ist es immer noch so, dass es zirka 25 Lager gibt, in denen über 19.000 Menschen wohnen. Das heißt, Menschen, die eigentlich keine ständige Wohnung hatten, sondern sehr notdürftig in Barackenlagern untergebracht waren. In dieser Situation ist das Hochwasser natürlich eine Katastrophe, weil eben sehr viele Baracken unbewohnbar wurden und zusätzlich noch etwa 1.300 Wohnungen durch das Hochwasser unbrauchbar wurden und abgerissen werden mussten."
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Ab dem 7. Juli 1954 führten heftige Niederschläge in Bayern und Österreich zu einem katastrophalen Hochwasser. Das Machland, das Eferdinger Becken und Linz gehörten zu den am stärksten betroffenen Gebieten. Am 11. Juli 1954 erreichte das Hochwasser seinen Höchststand. In Linz wurde ein Pegel von 962 cm gemessen, der sogar das verheerende Hochwasser von 1899 noch um rund einen halben Meter überstieg. "Es waren durch das Hochwasser zirka 8.000 Menschen zumindest vorübergehend obdachlos und etwa 5.000 mussten tatsächlich ihre Wohnungen für immer verlassen. Also das kommt noch dazu, zur Nachkriegssituation in Linz", erzählt Cornelia Daurer.
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Hochwasser 1954 in Linz: Feuerwehrleute liefern mit Zillen amerikanische CARE-Pakete aus.
Hilfe für die Hochwasseropfer kommt in Folge unter anderem aus Schweden. Die Organisation Rädda Barnen spendet zunächst Geld, um evakuierte Kinder aus Linz zur Erholung aufs Land verschicken zu können. Im weiteren Verlauf des Jahres 1954 entschließt sich Rädda Barnen dann gemeinsam mit dem Schwedischen Roten Kreuz dazu, der Stadt Linz schwedische Fertigteilhäuser zu spenden.
Diese Hilfsaktionen fußten auch auf der Vermittlungsarbeit des österreichischen Staatssekretärs Bruno Kreisky, vermutet die Historikerin Cornelia Daurer. Denn Kreisky, der die Kriegsjahre und den Holocaust im schwedischen Exil überlebt hatte, ist laut Dokumenten sowohl bei der Spendenvereinbarung der Kinderhilfsorganisation Rädda Barnen im August des Jahres 1954, als dann auch am 10. Jänner 1955 in Stockholm zugegen, als die Stadt Linz den Hilfsvertrag über die zu errichtende "Schwedensiedlung" mit den Organisationen unterzeichnet.
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Unter der Aktenzahl Gz 622-BST/55 verlautbart das Linzer Wohnungsamt: "In Urfahr (Gründberg und Kellergründe) wird in Kürze mit der Aufstellung der von den beiden schwedischen Hilfsorganisationen Rädda Barnen und Röda Korset sowie vom schwedischen Staat der Gemeinde Linz zum Zwecke der Unterbringung Hochwassergeschädigter übergebenen 50 Wohnhäuser begonnen werden. Die Objekte, von denen jedes einzelne 2 Wohnungen enthält, sollen im Juli 1955 bezugsfertig sein und dann hochwassergeschädigten Parteien zugeteilt werden."
Gestaltung: Roman Tschiedl