
ORF/JOSEPH SCHIMMER
1958
Volksheim Kapfenberg, Steiermark
Stahlindustrie und Fußball – dafür war die steirische Gemeinde Kapfenberg in der Nachkriegszeit bekannt. 1958 wurde für die Arbeiterschaft mit dem Neuen Volksheim jedoch auch ein Zentrum für Kultur und Bildung geschaffen.
25. Juli 2018, 05:00
Avantgarde in der Arbeiterstadt
Jakob Fessler
Alfred Mikesch, dem damaligen Kulturreferenten von Kapfenberg, ist die Initiative für das Volksheim zu verdanken. Er begründete auch die "Kapfenberger Kulturtage" mit, die in den 1950er- und 1960er-Jahren teils avantgardistische Kunst in die Stadt und auch in den neuen Bau an der Wiener Straße brachten.
Geplant vom Architektenpaar Traude und Wolfgang Windbrechtinger, beheimatete das Volksheim die erste städtische Bibliothek von Kapfenberg. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es nur die Bücherei des Böhler-Stahlwerkes. Das von Arbeiterbünden und Gewerkschaften mitfinanzierte Gebäude bot außerdem zahlreichen Vereinen eine Räumlichkeit. Im Veranstaltungssaal, der südseitig mit einer großen Glaswand nach außen ausgestattet wurde, fanden neben Kunstveranstaltungen und Konzerten auch Verkaufsmessen, Kleintier- und Weihnachtsausstellungen statt.
Der Klang vom Brunnen an der Wiener Straße vor dem Neuen Volksheim.

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Schon in den 1950er-Jahren, bei der Planung des Gebäudes aus Stahl, Glas und Beton, wurde die Option eines späteren Zubaus berücksichtigt und Anfang der 70er-Jahre realisiert. Heute dient das Volksheim als Bildungs- und Gesundheitszentrum. Arztpraxen, Beratungseinrichtungen und Einzelbüros sind im Gebäude untergebracht. 1989 übersiedelte die Stadtbibliothek in ein neugeschaffenes Kulturzentrum und befindet sich seitdem nicht mehr im Volksheim. Der Veranstaltungssaal wird seit 1991 von einer Tanzschule genutzt, die ihn im Jahr 2000 erwarb und ihn baulich adaptierte.

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Traude und Wolfgang Windbrechtinger schufen ein einladendes, nach außen hin offenes Gebäude, das besonders in den 1950er- und 60er-Jahren den Willen zu Aufbruch und Demokratie vermittelte. Als eines von vier Gebäuden in ganz Österreich listete der US-amerikanische Architekturkritiker Kidder Smith das Neue Volksheim in seinem Werk "The new architecture of Europe". In zahlreichen Bauten des Architektenpaares machte sich ihr soziales Engagement bemerkbar. 1965 waren sie zudem Gründungsmitglieder der Österreichischen Gesellschaft für Architektur.

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- Jakob Fessler