Alles ist Architektur, aufgeblättertes Magazin

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

1968

Alles ist Architektur

1968 erscheint eine Ausgabe der Zeitschrift "Bau - Schrift für Architektur und Städtebau". Redaktion: Hans Hollein, Oswald Oberhuber, Gustav Peichl. Titel der Ausgabe: "Alles ist Architektur".

Was ist das eigentlich: Architektur?

Christian Scheib

Der vorangegangenen Ausgabe sei von Manchen vorgeworfen worden, das Heft sei viel zu textlastig, heißt es im Impressum von Hans Hollein."Diesmal", heißt es daraufhin, "gibt es dafür zum Ausgleich wenig zu lesen und viele Bilder zu betrachten". Eine Ankündigung, der gnadenlos gefolgt wird. Alles ist Architektur.

Hans Hollein im programmatischen Leitartikel zu Eröffnung dieser Publikation aus 1968: "Der Mensch schafft künstlich Zustände. Dies ist die Architektur. Physisch und psychisch wiederholt, transformiert, erweitert er seinen physischen und psychischen Bereich, bestimmt er 'Umwelt' im weitesten Sinne. Seinen Bedürfnissen und seinen Wünschen gemäß setzt er Mittel ein, diese Bedürfnisse zu befriedigen und diese Wünsche und Träume zu erfüllen. Er erweitert sich selbst und seinen Körper. Er teilt sich mit. Architektur ist ein Medium der Kommunikation."

Alles ist Architektur, aufgeblättertes Magazin

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Hans Hollein weiter im programmatischen Leitartikel zu Eröffnung dieser Publikation aus 1968: "Schließlich sind praktisch überhaupt keine Untersuchungen für die gezielte Verwendung von Chemikalien und Drogen sowohl zur Kontrolle der Körpertemperaturen und Körperfunktionen, als auch zur artifiziellen Schaffung einer Umwelt angestellt worden. Architekten müssen aufhören, nur in Materialien zu denken."

"Architektur ist kultisch, sie ist Mal, Symbol, Zeichen, Expression.
Architektur ist die Kontrolle der Körperwärme - schützende Behausung.
Architektur ist Bestimmung - Festlegung - des Raumes, Umwelt.
Architektur ist Konditionierung eines psychologischen Zustandes."

Alles ist Architektur, aufgeblättertes Magazin

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

"Ganz offensichtlich fällt es auch niemandem mehr ein, etwa Abflußkanäle zu mauern oder astronomische Geräte aus Stein zu errichten (Jaipur). Viel weitergehend jedoch sind die Konsequenzen, die etwa die neuen Medien der Kommunikation (sei es Telephon, Radio, Fernsehen u.a.) mit sich bringen, und es wird so ein Begriff wie der des Lehr- und Lerngebäudes (Schule) unter Umständen ganz verschwinden und durch diese Mittel ersetzt werden.
Architekten müssen aufhören, nur in Bauwerken zu denken." (Hans Hollein)

Hans Hollein schlussendlich im programmatischen Leitartikel zu Eröffnung dieser Publikation aus 1968: "Einer Synthese entgegen und zu extremen Formulierungen des Standortes einer heutigen 'Architektur' führt schließlich die Entwicklung der Raumkapseln und insbesondere des Raumanzuges. Hier wird eine 'Behausung' geschaffen, die weitaus perfekter als jedes 'Gebäude' außerdem noch eine umfassende Kontrolle der Körperwärme, der Nahrungszufuhr und Fäkalverwertung, des Wohlbefindens und dergleichen in extremsten Umständen bietet, verbunden mit einem Maximum an Mobilität."

"Eine echte Architektur unserer Zeit ist daher im Begriffe, sich sowohl als Medium neu zu definieren, als auch den Bereich ihrer Mittel zu erweitern. Viele Bereiche außerhalb des Bauens greifen in die 'Architektur' ein, wie ihrerseits die Architektur und die «Architekten» weite Bereiche erfassen. Alle sind Architekten. Alles ist Architektur."

Service

"Bau - Schrift für Architektur und Städtebau", 23. Jahrgang, Heft 1/2, Wien 1968, Herausgegeben mit der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
Alles ist Architektur - Text von Hans Hollein
YouTube - Hans Hollein liest "Alles ist Architektur"

Übersicht