MARTINA FRÜHWIRTH
1971
U-Bahn, Wien
Johann Hödl, Abteilungsleiter bei den Wiener Linien, über die Geschichte des U-Bahn-Baus, über die Gestaltung der U1 und über die Überwindung der Angst vor Tiefe und Dunkelheit:
9. August 2018, 10:32
Gesamtkunstwerk im Wiener Untergrund
Martina Frühwirth
MARTINA FRÜHWIRTH
Probebetrieb und Beginn Bauarbeiten Stephansplatz: 1971
Architektur: Architektengruppe U-Bahn (Holzbauer, Marschalek, Ladstätter, Gantar)
Adresse: Wien
"In den 1970er Jahren hat man für die U-Bahn einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Die Architektengruppe U-Bahn (Holzbauer, Marschalek, Ladstätte, Gantar) zeichnet für das international anerkannte Design der Linie U1 verantwortlich. Die Entwurfsidee war noch in der Tradition von Otto Wagner, der sich als Architekt als Gesamtkünstler verstanden hat. Otto Wagner hat von der Türschnalle über den Kassenraum und die Verkleidungen alles in seinem Stil als Gesamtkünstler architektonisch gestaltet. Bei der U1 war das genauso - ob das die Lamellendecken sind, die Email-Paneele mit den Farbfugen, die Viertelkreisbögen im Bahnsteigbereich sind oder die Eingänge, das ist ein durchgehendes, einheitliches Design.“
WIENER LINIEN
"In den 1970er Jahren gab es eine gewisse Angst vor dem Untergrund, vor der Finsternis, vor der Tiefe, vor dem Aufenthalt in dunklen Röhren und dunklen Stationen. Das war eine Generation, die den Zweiten Weltkrieg teilweise in Luftschutzbunkern erlebt hat. Heute kann man sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, dass es diese Ängste gegeben hat. Mit dem Design sollte den Fahrgästen die Klaustrophobie, die manche überkommt, wenn man mit der Rolltreppe in das dritte oder vierte Kellergeschoss hinunterfährt und auf die U-Bahn ein paar Minuten wartet, genommen werden Die Architektengruppe U-Bahn hat gerade bei der U1 das Konzept entworfen, dass der Bahnsteig sehr hell ausgestaltet wird und der Gleisbereich dunkel bleibt. Da, wo man sich aufhält, sind hochwertige, helle Materialien mit viel Licht.“
WIENER LINIEN
"Die U-Bahn war immer schon ein Kostenfaktor. Dass U-Bahn bauen nicht billig ist, war jedem klar und die verantwortlichen SPÖ-Politiker haben in den 1950er und 1960er Jahren, als das Verkehrsaufkommen mit PKWs in Wien unerträglich wurde, nach billigeren Lösungen gesucht: Schnellbahnen in Wien, die Unterpflasterstraßenbahn, die Allwegbahn (das ist eine Einschienenbahn), Intervallverkürzungen - alle möglichen günstigeren Varianten, weil es war klar, beim U-Bahn-Bau geht es um Milliarden. Ich habe es bei den Budgetverhandlungen selbst erlebt: Während alle anderen Geschäftsgruppen damals um Millionen - Schilling - gestritten haben, haben wir immer um Milliarden Schilling gestritten. Es war einfach eine andere Dimension."
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