
ORF/URSULA HUMMEL-BERGER
1987
Standard Solar, Niederösterreich
Franz Magerl hat sich Ende der 1980er Jahre in der Nähe von Tulln den Traum vom eigenen Haus für die Familie verwirklicht – mit viel Erfindungsgeist, handwerklichem Geschick und in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro driendl*steixner. Während Standard Solar I, wie es genau heißt, für Familie Magerl zum hochindividuellen Wohnraum wurde, hatten die Architekten eine neue Form des Einfamilienhauses vor Augen, das ästhetische, technologische und ökologische Prinzipien zu einem stimmigen Ganzen verbinden sollte.
13. September 2018, 11:31
Öko-Haus zum Selbstbauen
Rafael Kopper
Entwicklung: 1987
Architektur: driendl*steixner
Adresse: 3442 Langenrohr bei Tulln, Hauptstraße 82 B
Das Fertighausangebot war damals noch äußerst unbefriedigend; auch darauf sollte Standard Solar eine Antwort sein. Es wurden detaillierte Werkpläne angefertigt, die Konstruktion auf das Nötigste reduziert, Normen wurden zum Teil ignoriert und mehr auf handwerkliches Können und Hausverstand gesetzt. Standard Solar sollte kein industriell gefertigtes Massenprodukt sein, sondern im Selbstbau mit den zukünftigen Bewohner/innen umgesetzt werden: Die Architekten lieferten gewissermaßen die Software – also Pläne und Know-how –, während die Hardware – also die bauliche Umsetzung – von lokalen Gewerken und den Nutzer/innen übernommen werden sollte.
Die Energie- und "Öko"-Thematik war auch damals schon Thema, ist allerdings im Bereich des Bauens "in einem sehr unattraktiven Kleid dahergekommen", wie Architekt Gerhard Steixner erzählt. Es gab Pioniere, aber das Image war nicht das beste. Die Ideen, auf denen das ökologische Konzept von Standard Solar beruht, gab es schon lange. dreindl*steixner haben lediglich eine moderne, transparente Konstruktion dafür geschaffen. Diese Transparenz ist spürbar und war auch erklärtes Ziel von Familie Magerl: Die Übergänge von Innen und Außen sollten möglichst aufgehoben, der Bezug zum Garten spürbar werden. Man merkt, dass hier alles seinen Platz und Zweck hat, die Gestaltung niemals Selbstzweck ist, oder einem übertriebenen kreativen Geltungsbewusstsein der Planer entsprungen ist.

Standard Solar, Südseite
ERWIN REICHMANN
Architekt Steixner beschreibt es so: "Die funktionalen Voraussetzungen bilden sich im Gebäudeprofil ab und nicht umgekehrt. Die Funktion ist Ausgangspunkt des Entwurfs. Am Schluss ist es trotzdem Architektur, aber eben eine, die keinen formalen Formfindungsprozess als Ausgangspunkt hatte."
Diese Ideen umzusetzen war anfangs nicht einfach: Das Haus wurde in der Gemeinde als Fremdkörper wahrgenommen, begrünte Flachdächer hatten damals noch Seltenheitswert. Um die Behörde zu beruhigen ohne den Entwurf zu verwässern, wurde kurzerhand ein Dach aus Tirol antransportiert, das nun wie ein Schirm über der eigentlichen Konstruktion steht.
Auch als das Haus dann fertig war, gab es immer wieder Konflikte zu bewältigen – diesmal innerhalb des Gebäudes selbst –, da die offene Struktur durchaus auch andere, neuartige Formen des Zusammenlebens erforderlich macht: "Es gibt natürlich, wie überall, nicht nur positive Seiten, man muss sich darauf einstellen, dass das ein Gebäude ist, das sehr hellhörig ist, dass man mehr oder weniger im gemeinsamen Raum lebt. Dieser ist zwar visuell abgetrennt, aber trotzdem: Es kann nicht jemand irgendwo laut Musik hören, während wer anderer schlafen oder seine Ruhe haben will. Das muss man halt berücksichtigen. Und das hat in Phasen der Pubertät schon zu Schwierigkeiten geführt. Aber das ist ja allgemein bekannt. Das hängt nicht unbedingt mit der Nutzung von dem Gebäude zusammen", erklärt Herr Magerl.
Familie Magerl, zunächst zu zweit, dann zu fünft und nun wieder zu zweit, lebt trotzdem gerne hier. Und auch die Vision der Architekten von weiteren Gebäuden im Geiste von Standard Solar wurde zumindest zum Teil erfüllt: Bis zum Jahr 1999 wurden noch Standard Solar III, IV und V umgesetzt.