Heldenplatz Pavillons

PARLAMENTSDIREKTION/BERNHARD ZOFALL

2017

Ausweichquartier für das Parlament, Wien

Für die Dauer der Sanierung des Parlamentsgebäudes am Ring, die 2021 abgeschlossen sein soll, werden Räume der Hofburg, sowie eigens errichtete temporäre Pavillons am Heldenplatz genützt. Diese stellen - nicht nur aufgrund des sonst geltenden Bauverbots auf dem Platz - eine Sensation dar, denn es handelt sich um eine modulare Holzkonstruktion, die nach Gebrauch wieder demontiert und andernorts aufgestellt werden kann. Nicht nur Bürogebäude, wie die Parlamentspavillons, auch Einfamilienhäuser können mit diesem von der Firma Lukas Lang Building Technologies entwickelten Bausatz-System errichtet werden.

Wo die Demokratie wohnt

Christina Höfferer

Der Eingang zum temporären Parlament befindet sich am Josefsplatz. Der gesamte Empfangsbereich des Parlaments wurde übersiedelt und im Eingangsbereich zum Redoutensaaltrakt neu aufgestellt. Im August 2017 übersiedelte das Parlament in die Hofburg. Die Sanierung des Parlaments wird im Frühjahr 2020/21 abgeschlossen sein. Da ist auch die Rückübersiedlung geplant.

Bettina Bauer-Hammerschmidt lenkte im Dienste der Parlamentsdirektion die Adaptierung der Hofburg für die Parlamentsnutzung. Die Architektin leitete auch den Bau von drei Pavillons. Zunächst jedoch führt sie in den Plenarsaal des interimistischen Parlaments. "Wir sind jetzt hier im großen Redoutensaal, der jetzt der Plenarsaal ist, sowohl für den Bundesrat als auch für den Nationalrat. Die große Aufgabe hier war, dass wir nach Ende der Ballsaison in sehr, sehr kurzer Bauzeit das zustande bringen mussten, damit wir rechtzeitig mit den Sitzungen im September beginnen konnten," so Bauer-Hammerschmidt.

Frontalansicht des Plenarsaals von National- und Bundesrat im Großen Redoutensaal in der Hofburg mit Bildern von Josef Mikl.

Frontalansicht des Plenarsaals von National- und Bundesrat im Großen Redoutensaal in der Hofburg mit Bildern von Josef Mikl.

PARLAMENTSDIREKTION/JOHANNES ZIRNER

Der Saal bildet genau die Funktion des alten Saals ab, lediglich ein paar Änderungen wurden vorgenommen, die bereits im Sanierungsprojekt geplant sind. Das Rednerpult in der Mitte und auch das Plenum sind flacher geworden, genauso wie es im Sanierungsprojekt geplant wurde.

Vom Kongresszentrum, welches vor dem Parlament in der Hofburg in Betrieb war, wurde teilweise die Einrichtung übernommen. Die Sicherheitstechnik wurde adaptiert. Ein wesentlicher Punkt - und nicht einfach in der Umsetzung - war die Planung der Besuchergalerie, die laut Verfassung vorgesehen ist, damit Besucher der Plenarsitzung beiwohnen können. "Das war eine ziemliche Herausforderung von der Statik her", erinnert sich Bettina Bauer-Hammerschmidt, "das so einzubringen, dass das mit dem Denkmalschutz und mit der vorhandenen Baustruktur zusammengeht."

Sitzung des Nationalrates im Ausweichquartier in der Hofburg in Wien

Sitzung des Nationalrates im Ausweichquartier in der Hofburg in Wien

APA/HANS PUNZ

Auch in Hinblick auf die Akustik waren Maßnahmen durchzuführen, ebenso wie eine neue Beleuchtung und die Möblierung des Plenarsaals. "Was uns als Projektteam sehr freut," sagt Bauer-Hammerschmidt, "ist, dass der Saal sehr gut ankommt, das hat natürlich nicht nur mit der Architektur zu tun, sondern auch mit diesen sehr schönen Gemälden, die jetzt das neue Gesicht der Nationalratssitzungen in den Medien prägen." Geschaffen hat diese rot-orangen Bilder der Maler Josef Mikl nach dem Brand des Redoutensaals 1992.

Alle Maßnahmen im Rahmen der Errichtung des Temporären Parlaments sind mit dem Bundesdenkmalamt abgesprochen. Alle Einbauten können umgehend wieder rückgebaut werden. Der Bundesadler im Saal ist eine Replik des Bundesadlers, der sich noch immer im Parlament am Ring befindet. "Den echten Adler konnten wir leider nicht mitnehmen, das wäre zu aufwändig gewesen, und auch technisch nicht möglich", sagt die Architektin, "deshalb gibt es jetzt diese Kopie, den Zwillingsbruder."

Ausweichquartier Parlament

PARLAMENTSDIREKTION

Bettina Bauer-Hammerschmid führt weiter in den Kleinen Redoutensaal der Hofburg. Hier wurde ein Rückzugsbereich für die Besprechungen der Abgeordneten geschaffen. Die bauliche Umsetzung erfolgte in nur drei Monaten, alle Materialien wurden ausschließlich durch die Fenster in den Saal gebracht – baulogistisch eine große Herausforderung. Weiter geht es über eine Brückenkonstruktion, die die Anbindung zwischen Hofburg und dem Pavillon im Bibliothekshof bildet.

Hier sind die drei Nationalratspräsidenten und ihre Büros, die Parlamentsdirektion und zahlreiche Ausschusslokale untergebracht. In den Bibliothekshof ist eine viergeschossige Holzkonstruktion eingebaut. Von außen sieht man nicht, dass das Holz ist, weil die äußerste technische Fassadenschicht aus Stahlblech ist. Im Gegensatz zu den Pavillons am Heldenplatz ist diese aus Kostengründen so belassen wie sie ist, nicht verkleidet. Man sieht aber sehr schön den konstruktiven Aufbau von diesem System der Firma Lukas Lang.

Das Bausystem der Firma Lukas Lang muss man sich wie einen großen Matador Bausatz vorstellen, dabei sind für ein schlüsselfertiges Gebäude alle Komponenten vorgefertigt, kommen auf die Baustelle und werden dort nur mehr miteinander zu einem, wie hier, Bürogebäude verbunden. Das Besondere dabei ist, dass es auf der Baustelle nur mehr ein Schrauben und Stecken ist, dass es eine ökologische, innovative Bauweise ist, dass sie auch zu unterschiedlichen Gebäuden kombiniert werden kann, und dass sie auch wieder zerstörungsfrei verändert werden kann, bis gesamt auch abgebaut.

"Somit ist das hier die nachhaltigste Bauweise, die ich kenne", erklärt Architekt Christian Leitner, der Geschäftsführer des Büro Lukas Lang mit dem patentierten System beschichteter Holzwerkstoffplatten. Leitner betont, dass über 70 Prozent der Wertschöpfung in Österreich stattfand, sowohl in der Produktion als auch was das Montage-Personal betrifft.

Pavillon Ring / Burg

PARLAMENTS

Pavillon Ring / Burg

Der Abschluss der Führung durch das temporäre Parlament findet am Heldenplatz statt. Über die zwei Pavillons am Heldenplatz ziehen sich Gesetzestexte wie Perlenschnüre. Der Heldenplatz ist eigentlich nicht bebaubar. Die beiden Pavillons am Heldenplatz sind also eine architektonische Sensation für Österreich. In den zwei temporären Gebäuden am Heldenplatz sind die beiden großen Parlamentsklubs untergebracht, erklärt Christian Leitner: "Diese Pavillons sind keine Container – das ist mir immer ganz wichtig, das zu sagen. Es ist ein Bausatz, der aus vielen einzelnen Teilen besteht, die so intelligent sind und so einfach zu kombinieren, dass es auch ein Laie kann." Dies war auch der Ursprungsgedanke, als die Firma Lukas Lang vor zwanzig Jahren begann, das System zu entwickeln. Es brauche keinen Professionisten, um ein Gebäude aufzubauen. "Wenn man jemanden hat, der sich auskennt und ein paar Freunde", sagt Leitner, "dann baut man auch ein Einfamilienhaus zusammen, wenn man vorher mit dem Bauen nicht wirklich etwas zu tun gehabt hat."

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