Masken vor dem Festspielhaus in Salzburg

LUIGI CAPUTO

Liebe als …

Die Salzburger Festspiele 2018 in Ö1

Die große Liebe, Liebe bis zur Verzweiflung, Liebe bis in den Tod, Liebe als Passion; aus Liebe leiden, blind vor Liebe sein, aus Liebe töten; Erotik der Macht, Eros und Ekstase, Liebe bis zur Raserei - dem heurigen Festspielprogramm ist keine Ausprägungen der Liebe fremd. Es sieht so aus, als ob die Formen der Liebe so vielfältig wären, wie das Wesen der Menschen eben ist.

Den Opernauftakt macht Mozarts "Zauberflöte", live in Ö1 am 27. Juli. Die deutsche Oper in zwei Akten wird von der Regisseurin Lydia Steier in Szene gesetzt. Am Pult der Wiener Philharmoniker steht Constantinos Carydis, in den Hauptrollen sind Mauro Peter als Tamino, Christiane Karg als Pamina, Matthias Goerne als Sarastro, Albina Shagimuratova als Königin der Nacht, Adam Plachetka als Papageno und Maria Nazarova als Papagena zu hören. Michael Porter gibt den Monostatos, als Sprecher fungiert Tareq Nazmi.

Neuschöpfung ist eine Erzählfigur - in dieser Inszenierung geplant war der charismatische Iffland-Ring-Träger Bruno Ganz. Nach einer Absage aus Gesundheitsgründen übernimmt die Rolle nun Klaus Maria Brandauer. Bei genauer Librettolektüre findet sich hier schon eine breite Gefühlspalette, von innigster, leidenschaftlicher Emotion Paminas, die bei unerwiderter Liebe auch vor Selbstmord nicht zurückscheut, über die lüsterne Gier des Monostatos, dessen Verhalten an die #MeToo-Bewegung denken lässt bis hin zur leidenschaftlichen, rachsüchtigen und rasenden Mutterliebe in Person der Königin der Nacht.

L’incoronazione di Poppea

Dass Liebe und Erotik in Verbindung mit Machtgelüsten eine explosive Mischung ergeben, zeigt Claudio Monteverdis Oper "L’incoronazione di Poppea" (Ö1 am 18.8.) - hier ist die eheliche Untreue noch das geringste Problem. Rasende Eifersucht, verletzte Gefühle und unerwiderte Liebe lassen das gesamte Geschehen eskalieren. Aus Verzweiflung geht man bis zum Äußersten, sogar bis zur Anstiftung zum Mord aus Leidenschaft. Auch wenn Monteverdis herrliche Musik darüber hinwegtäuscht, hier haben wir es mit einem handfesten Krimi zu tun.

Kate Lindsey

Kate Lindsey

ROSETTA GREEK

William Christie dirigiert sein Edel-Originalklangorchester Les Arts Florissants mit erlesenem Gesangsensemble - als Poppea die wunderbare Sonya Yoncheva und in der Rolle des Nerone ein "rising star", die Mezzosopranistin Kate Lindsey. 1993 war einer der Überraschungserfolge der Festspiele eben diese Monteverdi-Oper, damals unter Nikolaus Harnoncourt und seinem Concentus Musicus mit Jürgen Flimm als Regisseur, in den Hauptrollen unvergessen Sylvia McNair und Philip Langridge.

Les Pêcheurs de perles

Als nicht weniger explosiv stellt sich die Konstellation in Bizets Oper "Die Perlenfischer" dar (Ö1 am 25.8.). Zwei beste Freunde verlieben sich in dieselbe Frau, beide schwören aber zugunsten ihrer Männerfreundschaft ihren leidenschaftlichen Gefühlen ab. Das Schicksal nimmt jedoch einen eigenen Verlauf - Verrat, verbotene Gefühle, Rache, Enttäuschung sind nur einige Zutaten für ein hochdramatisches Geschehen.

Die Oper war bei der Uraufführung ein großer Erfolg, in Salzburg bürgen nicht nur Plácido Domingo als Zurga und Aida Garifullina als Leila für eine musikalische Sternstunde, sondern auch das Mozarteumorchester mit seinem neuen Chefdirigenten Riccardo Minasi, der sein Debüt bei den Festspielen gibt.

Der Prozess

Die vierte Oper, die in Ö1 zu hören sein wird, ist Gottfried von Einems bereits 1953 bei den Festspielen uraufgeführtes Werk "Der Prozess" (live in Ö1 am 14.8.) - mit dem RSO Wien unter HK Gruber, in der Titelpartie Michael Laurenz als Josef K. Die berühmte literarische Vorlage von Franz Kafka wird noch einmal durch von Einems Vertonung verdichtet.

Gottfried von Einem hatte selbst kafkaeske Erlebnisse. Seine Freundschaft mit Bert Brecht und sein Engagement dafür, dem von den Nazis verfolgten, aus den USA wegen "unamerikanischer" - weil kommunistischer - Umtriebe ausgewiesenen, staatenlosen Dichter 1950 zu einem österreichischen Pass zu verhelfen, hatten zur Folge, dass er aus dem Festspieldirektorium hinausflog.

Das RSO wird auch das Konzert mit dem Nestlé-YCA-Preisträger vom Vorjahr, Kerem Hasan, bestreiten (live in Ö1 am 5.8.). Wie die Jahre zuvor wird Ö1 auch die drei Konzerte des Young Conductors Award senden, man darf wie immer gespannt sein.

Ouverture spirituelle

Die "Ouverture spirituelle" lässt große religiöse Gefühle auf Zeugnisse tiefen Glaubens treffen. Der Chor des Bayerischen Rundfunks unter Howard Arman wird sich auf einen Kreuzweg mit Franz Liszt begeben, am Klavier begleitet von Igor Levit (Ö1 am 31.7.); Markus Hinterhäuser und Patricia Kopatchinskaja spüren Galina Ustwolskajas Kammermusik nach.

Der Dirigent Ilan Volkov mit dem Klangforum Wien bringt im Mozarteum Symphonien und kammermusikalisch besetzte Werke der russischen Komponistin (Ö1 am 30.7.); und in der Kollegienkirche dirigiert er ihre drei mit "Komposition" überschriebenen, aufwühlenden Werke "Dona nobis pacem", "Dies irae" und "Benedictus". Galina Ustwolskaja über ihr Schreiben: "Meine Werke sind nicht religiös, aber definitiv spirituell, weil ich alles von mir gegeben habe. Meine Seele, mein Herz."

Philippe Herreweghe

Michiel Hendryckx

Philippe Herreweghe, das Collegium Vocale Gent und dessen Orchester beschenken uns mit den "Exequien" von Heinrich Schütz (Ö1 am 31.7.), das Collegium 1704 unter Václav Luks und ausgewählte Solistinnen und Solisten bringen das selten gespielte Oratorium "San Giovanni Battista" von Alessandro Stradella nach Salzburg (Ö1 am 15.8.).

Zeit mit Beat Furrer

Neben Galina Ustwolskaja bildet das Werk des in Österreich lebenden Schweizer Komponisten Beat Furrer einen weiteren Schwerpunkt. Der Komponist wird unter anderem Ausschnitte aus seinem "Wüstenbuch" nach Ingeborg Bachmann dirigieren, Isabel Karajan Bachmann-Texte rezitieren (Ö1 am 14.8.). Das Österreichische Ensemble für Neue Musik unter Franck Ollu bringt Furrers "… cold and calm and moving" und schafft eine musikalische Begegnung mit Werken des im Vorjahr 92-jährig verstorbenen Komponisten Klaus Huber (Ö1 am 13.8.).

Vilde Frang

WARNER BROS

Gemeinsam mit Lawrence Power musiziert Vilde Frang Mozarts "Sinfonia concertante"

Mozart-Matineen

Zwei Mozart-Matineen mit dem Mozarteumorchester und Werken von W. A. Mozart, die dritte mit seinem Ersten Gastdirigenten Giovanni Antonini sowie Vilde Frang und Lawrence Power als Solisten (Ö1 am 12.8.) und die vierte Matinee mit seinem Ehrendirigenten Ivor Bolton und dem jungen Pianisten Francesco Piemontesi (Ö1 am 19.8.) werden - schon ganz Tradition - live übertragen.

Die Camerata Salzburg wird unter ihrem Ehrendirigenten Sir Roger Norrington Richard Wagner und Arnold Schönberg musizieren, Elisabeth Kulman ist die Interpretin der "Wesendock"-Lieder in der Fassung von H. W. Henze aus dem Jahr 1976 (Ö1 am 16.8.).

Kammermusikalische Perlen

Kammermusik vom Feinsten bringen Ensembles in verschiedenster Formation: der Bratschist Antoine Tamestit Solo (J. S. Bach und B. A. Zimmermann) und das Belcea Quartet mit Bartóks sechstem Streichquartett und dem Streichquintett Nr. 2 op. 111 von Johannes Brahms (Ö1 am 17.8.). Daniil Trifonov musiziert zusammen mit Renaud Capuçon und Clemens Hagen Sonaten von Debussy und Franck sowie das Klaviertrio von Tschaikowsky (Ö1 am 24.8.).

Mitglieder der Wiener Philharmoniker um Konzertmeisterin Albena Danailova spielen Hugo Wolf zu viert, Dvorak zu fünft und Tschaikowskys Streichsextett "Souvenir de Florence" (Ö1 am 13.9.).

Berliner und Wiener Philharmoniker

Im Zyklus der Wiener Philharmoniker übertragen wir Riccardo Muti am 15. August live (Schuberts Messe D 950, Schumanns zweite Symphonie) und Franz Welser-Möst mit Opernausschnitten aus Wagners "Ring" und Henzes "Tristan"-Préludes mit Tastenstar Igor Levit (Ö1 am 31.8.).

Das Debüt Kirill Petrenkos bei den Festspielen als neuer Chef der Berliner Philharmoniker bildet ein weiteres Highlight. Auf dem Programm stehen Beethovens siebte Symphonie und Richard Strauss’ Hommage an einen der größten Frauenhelden aller Zeiten, die symphonische Dichtung "Don Juan" (Ö1 am 9.9.).

Service

Salzburger Festspiele - 20. Juli bis 30. August 2018