Grüner Hintergrund, davor zwei Frauen im Gegenlicht

GEBRUEDER BEETZ FILMPRODUKTION

Kino

"The Cleaners" - Doku über Internet-Putztrupp

Sie bleiben anonym und unauffällig und ihre Tätigkeit im Geheimen ist für einen normalen Internet-Nutzer nicht nachvollziehbar. Sogenannte "Content Moderators", deutsch in etwa "Inhaltsvermittler", sind in der philippinischen Hauptstadt Manila im Auftrag großer Silicon-Valley-Konzerne damit beschäftigt, das Internet nach fragwürdigen Inhalten zu durchforsten und diese bei Bedarf zu löschen. Der deutsche Dokumentarfilm "The Cleaners" blickt hinter die Kulissen dieses Jobs, der einerseits Karrieremöglichkeiten bietet, andererseits ziemlich aufreibend ist.

Morgenjournal | 06 06 2018

Arnold Schnötzinger

Kulturjournal | 06 06

Die Regisseure Hans Block und Moritz Riesewieck im Gespräch

Im Sekundentakt treffen sie ihre Entscheidungen, die sogenannten "Cleaners": junge Männer und Frauen, irgendwo in einem Büroglasturm in Manila. Denn das Internet, vor allem die Sozialen Netzwerke und allen voran Facebook, müssen ständig aufgeräumt werden, geputzt vom geistigen Dreck quasi, den ihre User verbreiten.

Vieles ist für die Putzkolonie beim Löschen eindeutig: Sexuelle Darstellungen, Gewaltverherrlichung oder Terrorpropaganda wie etwa Enthauptungsvideos der Terrormiliz Islamischer Staat. Hier gleitet der Film in eine regelrechte Gruselrealität ab. Einer der "Cleaners" kann nach Hunderten einschlägigen Videos unterscheiden, mit welcher Art von Messer ein Kopf abgetrennt wurde, ob also jemand das Glück einer scharfen Klinge hatte oder das Unglück eines Küchenmessers.

Frau vor Bildschirm

GEBRUEDER BEETZ FILMPRODUKTION

Distanz zu Bildern aufbauen

Der Film zeigt dabei explizites Fotomaterial, Koregisseur Moritz Riesewick erklärt warum: "Durch das genaue Betrachten derartiger Fotos und Videos bauen die Content-Moderatoren auch Distanz zu den Bildern auf, und können sie so besser verarbeiten. Auf keinen Fall wollten wir mit diesen drastischen Bildern provozieren."

Das Wühlen im Dreck, in Kinderpornografie bleibt dennoch nicht ohne Folgen, auch wenn das Personal geschult wird, psychisch ist das auf Dauer kaum auszuhalten: Keiner der im Film gezeigten "Cleaners" ist mittlerweile noch in diesem Job.

Hoher moralischer Anspruch

Der Begriff Content-Moderator klingt harmloser als er ist, denn hier wird eindeutig Zensur betrieben, auch wenn die Moderatoren das persönlich mit einem hohen ethischen, quasi religiösen Anspruch verbinden. Motto: "Wir befreien die Welt vom Bösen". Doch wer entscheidet, was gezeigt werden kann und was gelöscht werden muss? Übernehmen Konzerne wie Google, Facebook und Twitter zunehmend redaktionelle Funktionen?

Doch dafür sind sie weder geeignet noch gerüstet, findet Koregisseur Hans Block: "Diese Unternehmen sind profitorientiert und daher ist es für sie wesentlich günstiger, billiges Personal um ein bis zwei Dollar pro Stunde zu engagieren, anstelle von Fachkräften, die juristisch und kulturspezifisch gebildet sind, als auch aus den Kulturkreisen unterschiedlicher User-Gemeinden kommen."

Kunst oder Pornografie?

Freiheit und Demokratie auf der einen Seite, Schutz und vermeintliche Sauberkeit auf der anderen, dieser Grat, so verdeutlicht der Film "The Cleaners" ist heikel, auch im Grenzbereich zwischen Pornografie und Kunst. 2016 malte die US-amerikanische Künstlerin Illma Gore Donald Trump nackt mit einem winzigen Penis, ein Bild das nach wie vor im Netz zirkuliert, für eine junge Content-Moderatorin in Manila aber ein klarer Fall: Herabwürdigung der Persönlichkeit, also: … Löschen!

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger