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Kurzweilige Momentaufnahme
"The Now Now" - Das neue Gorillaz-Album erscheint
Der britische Musiker Damon Albarn zählt zu den Schwerarbeitern seiner Zunft. Albarn ist Chef der Britpop-Veteranen von Blur, daneben auch solo aktiv, er schreibt Opern und verbringt viel Zeit in Afrika, um dort mit Musikern zu arbeiten.
30. Juli 2018, 02:00
Morgenjournal | 28 06 2018
Für sein Leben abseits und nach Blur hat Albarn, vor auch schon wieder 20 Jahren, die virtuelle Comic-Band Gorillaz gegründet. Die zeichnet sich mittlerweile durch enorme musikalische Elastizität aus und ist, angetrieben vom Mastermind, ebenfalls höchst produktiv. Vor etwas mehr als einem Jahr erst veröffentlichten die Gorillaz das Studioalbum "Humanz". Für Albarn aber kein Grund nicht gleich noch eins draufzulegen: "The Now Now" nennt er die jüngste Kollektion, die heute erscheint.

JAMIE HEWLETT
Im Februar 2018 versank London tief im Schnee. "The Beast from the East" wurde das Tief von der Presse getauft. Gleich neben dem Portobello Market machte es sich Damon Albarn in seinem Studio 13 bequem - draußen tiefster Winter, drinnen neue Gorillaz-Klänge.
Albarns Konzentrationsübung
Vier Wochen nur braucht Damon Albarn für "The Now Now". Dafür legte der umtriebige 50-Jährige einen Schalter um - kein kreatives Multitasking und auch keine halbgaren Ideen mehr. Produzent James Ford half bei der Konzentrationsübung, wie der Sänger erklärt: "James hat es gern klar und verständlich, alles muss Sinn haben bei ihm. Bei den Gorillaz war es bisher oft so, dass ich Songs nur einmal eingesungen habe und fertig. Er hat darauf geachtet, dass das alles stimmig war."

JAMIE HEWLETT
Ford scheint auf Albarns Wellenlänge, denn das Songwriting auf "The Now Now" ist zwar typisch verspielt und verschlafen-poetisch, dabei aber auch kompakt. Wie auf der Single "Humility", für die Albarn George Benson engagierte. Fast klingt es so, als ob das winterliche Weiß Albarn tatsächlich zur Ruhe kommen ließ. Der Albumtitel feiert ja den Moment, das Hier und Jetzt. Die elf Songs weisen Albarn einmal mehr als filigranen Meister der Melodie aus. "The Now Now" klingt immer wieder so, als schüttle er die Songs beim Nachmittagstee nebenbei aus dem Hemdsärmel.
Der Poet kann auch feiern
20 Festivals spielt die Band alleine in Europa in den kommenden Wochen. Dort auch mit neuen Songs anzutreten und sich damit selbst das Leben etwas abwechslungsreicher zu gestalten - das war es, was Albarn motivierte. "Wir hatten echt Glück, dass uns alle Festivals angeboten wurden - aufgrund des letzten Albums. Besser geht’s eigentlich nicht, denn davon leben wir ja alle. Ich wollte das aber nicht, ich wollte neues Material spielen."
Die intimsten Momente des Albums entstehen, wenn Albarn wie sein großes Idol Ray Davies den poetischen Chronisten gibt - und die am Fenster des Tourbuses vorbeirauschende Schönheit Idahos besingt. "The Now Now" gönnt sich aber auch instrumentale Zwischenspiele, die nach Disco und Partynächten klingen und unbekümmert 80er-Synthies abfeuern wie bei "Lake Zurich".
So klingt es also, wenn Damon Albarn seinen kreativen Energiehaushalt reguliert. "The Now Now" ist eine kurzweilige und abwechslungsreiche Momentaufnahme eines Künstlers, der selbst nach drei Jahrzehnten Pop-Wahnsinn noch immer Lust auf gute Musik hat.