Filmstill, Polizisten während einer Unruhe

FILMLADEN FILMVERLEIH

Politischer Mikrokosmos

"Clash" - Ein Film von Mohamed Diab

Mit der ägyptischen Revolution endete 2011 die 30-jährige Herrschaft des autokratischen Staatspräsidenten Mubarak. Zwei Jahre später lieferten sich Muslimbruderschaft, Militäranhänger und andere Demonstranten erbitterte Straßenkämpfe, die der ägyptische Regisseur Mohamed Diab in seinem Spielfilm "Clash" schildert - und zwar aus ungewöhnlicher Perspektive.

Morgenjournal | 10 07 2018

Judith Hoffmann

Mohamed Diab im Gespräch über die Idee zu seinem Film, über die Dreharbeiten und die höchst unterschiedliche Wirkung seiner Arbeit auf das Publikum.
Kulturjournal | 10 07 2018

Judith Hoffmann

Politischer Mikrokosmos im Polizeitransporter

Kairo im Sommer 2013: Ehemalige Demonstranten vom Tahrir-Platz, Anhänger der Muslimbrüder und des Militärs schleudern einander erbitterte Parolen, Steine und andere Wurfgeschoße entgegen. Mitten in den Krawallen ein Polizeitransporter, der stark an einen Viehwaggon erinnert, und in den die Polizisten nacheinander eine Reihe von Demonstranten aller Parteien treiben.

Regisseur Mohamed Diab heftet sich an diese Gruppe Gefangener höchst unterschiedlicher Gesinnungen und bleibt fast den ganzen Film hindurch bei den insgesamt 30 dicht aneinandergedrängten Menschen im engen, stickigen Polizeitransporter. Nur für wenige Szenen wird die Kamera diesen beklemmenden Raum in diesen 90 Minuten verlassen.

Dreharbeiten als psychische Herausforderung

Drinnen bildet sich nach und nach ein soziales Mikrobiotop heraus, in dem wildfremde Gegner bereitwillig ihre Wasserration teilen, lautstark über Politik streiten, oder beim sehnsüchtigen Gedanken an ihre Kinder feststellen, wie wenig sie sich in manchen Aspekten voneinander unterscheiden.

"Die Situation heute ist ärger als zu Mubaraks Zeiten." Mohamed Diab

Mit wackeliger Handkamera folgt Diab seinen Protagonisten durch die Düsternis ihres Gefängnisses. Die Dreharbeiten in der Enge des Polizeiwagens hätten teils verstörende Folgen für die Schauspieler gehabt. Diab berichtet von Panikattacken und anderen psychischen Problemen.

Gefeiert in Cannes, verpönt in Ägypten

Bei der Premiere in Cannes 2016 erhielt die Produktion viel Anerkennung. Stars wie Tom Hanks rührten auf Twitter die Werbetrommel, während dem Filmstart im eigenen Land Anfeindungen von allen Seiten vorausgingen. "Die Filmpremiere in Ägypten war ein absolutes Desaster", berichtet der Regisseur: "Anders als etwa im Iran gibt es hier keine offene Zensur, sondern man versucht, hinter dem Vorhang einen Filmstart zu verhindern. Mein Verleiher erhielt eine Woche vor Filmstart einen Drohanruf und machte daraufhin einen Rückzieher: Er entfernte alle Poster und Trailer aus allen Kinos. Ich bat dann die Leute im Internet um Unterstützung, die daraufhin in die Kinos strömten."

… und sie zum Teil ebenfalls erzürnt verließen, weil der Film nicht so regierungskritisch war wie erhofft. Es sei ihm ein wenig so ergangen wie zwei Protagonisten seines Films, sagt Diab. Diese beiden, Journalisten, hätten im redlichen Bemühen, wahrhaftige Bilder der Auseinandersetzungen einzufangen, den Hass aller Beteiligten auf sich gezogen.

Jahre später noch nicht verjährt

Zwei Jahre nach der internationalen Premiere und fünf Jahre nach den Ereignissen, die Diab im Film schildert, kommt der Film endlich auch in die österreichischen Kinos. Anfang Juni wurde Ägyptens neuer alter Präsident Abdel Fatah al Sisi nach seiner Wiederwahl vereidigt, die von Bestechung, Haftstrafen und Einschüchterungen politischer Gegner geprägt war.

Mohamed Diabs Anliegen hinter seinem ebenso bedrückenden wie beeindruckenden Film, das Land nämlich zum Guten zu verändern, hat also offenbar nichts von seiner Dringlichkeit verloren.

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