Paulus Manker

MANKER

Antikriegsstück in der Waffenhalle

Manker inszeniert "Letzte Tage" in Wiener Neustadt

Am Freitag hat in der sogenannte Serbenhalle, der ehemaligen KZ-Außenstelle Raxwerke, im Industrieviertel von Wiener Neustadt Paulus Mankers Version von "Die letzten Tage der Menschheit" von Karl Kraus Premiere. Später im Sommer wird seine Erfolgsproduktion "Alma" dort gezeigt. Ö1 war bei einer Voraufführung, die sechs Stunden dauerte. Die Premiere und die ersten Aufführungsserien für dieses Marathonprojekt sind schon ausverkauft, ein Projekt, das ohne öffentliche Subventionen auskommen muss.

Mittagsjournal | 12 07 2018

Gernot Zimmermann

Wenn man im unübersichtlichen Industriegebiet von Wiener Neustadt die Serbenhalle nach langem Suchen endlich gefunden hat, und der Einlass in das riesige Gebäude stattfindet, umwehen einen Düfte von Grillwürsten und Cevapcici, Musik erklingt und bald nähert sich aus der Ferne ein Waggon mit dem Personal aus "Die letzten Tage der Menschheit" von Karl Kraus.

Antikriegsstück in der Waffenhalle

Das Publikum wird in einen Strudel von gleichzeitigen Szenen gerissen in dieser Halle, die besser nicht passen könnte für das riesige Werk von Kraus. Gespielt wird vom Untergangsdrama rund ein Drittel, das der Autor selbst für unaufführbar hielt.

Kulturjournal | 12 07 2018
Paulus Manker im Interview

Gernot Zimmermann

Paulus Manker: "Bei uns ist der Vorteil, dass die Halle 'Serbenhalle' heißt. Und man weiß ja, dass der Erste Weltkrieg mit einem Feldzug gegen Serbien begonnen hat. Noch dazu war das Gebäude im Zweiten Weltkrieg eine Waffenfabrik von Hitler, eine Außenstelle von KZ-Mauthausen. Aber ein Antikriegsstück, das sich genau dagegen auflehnt, was der Vergangenheit dieses Gebäudes innewohnt - das ist, glaube ich, schon erlaubt."

"Gott sei Dank, sie schießen schon!"

Die Aufführung beginnt mit dem Begräbnis des Thronfolgers Franz Ferdinand. Sarajewo, später wird dieses Wort an der Wand der Serbenhalle in Flammen aufgehen.

Das Publikum kann durch die verschiedensten Räume streifen, von der Redaktionsstube der "Neuen Freien Presse" bis zum Lazarett. Bald befinden wird uns mitten im Ersten Weltkrieg. Spektakulär ist die Fahrt des Publikums mit einem Zug hinaus ins Freie, wo sich die Schützengräben befinden, und die Kriegsreporterin Alice Schalek auf einem Panzer zu den Zuschauern spricht: "Gott sei Dank, sie schießen schon. Jetzt beginnt das herrliche Schauspiel des Krieges."

Theater als gemeinsame Reise

Es gibt Getränke und in der Pause ein Dinner für das Publikum in dieser sechsstündigen Aufführung, daher sind die Eintrittspreise hoch. Auch weil Paulus Manker keine öffentliche Förderung erhalten hat - Sponsoren und die Bundestheater haben bei der famosen Ausstattung mitgeholfen. Und wenn, was zu erwarten ist, die Aufführung wie jetzt schon bei den ersten Terminen gestürmt wird, könnte es sich für Paulus Manker, den Kamikaze unter den Theaterleuten, auch noch gerade ausgehen.

Theater in extremis, Theater als gemeinsame Reise eines engagierten Ensembles und eines reisewilligen Publikums.

Service

"Die Letzten Tage der Menschheit" – 13. Juli bis 4. August 2018 in der Serbenhalle in Wiener Neustadt