Götz Fritsch im Ö1 Hörspielstudio

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Hörspiel

Regie-Altmeister Götz Fritsch verstorben

Götz Fritsch, einer der wichtigsten und produktivsten Hörspielregisseure des gesamten deutschsprachigen Raums, ist verstorben. Wenige Monate nach seinem 75. Geburtstag erlag er am Wochenende einer langen, schweren Krankheit.

Mittagsjournal | 14 08 2018

Susanna Dal Monte

Götz Fritsch war nicht nur einer der bedeutendsten, er war auch einer der produktivsten Hörspielregisseure: Mehr als 300 Stück hat er im Lauf von 45 Jahren realisiert. Darunter etwa "Thomas Bernhard, Siegfried Unseld: Briefwechsel" gelesen von Peter Simonischek und Gert Voss, Friederike Mayröckers "Der Tod und das Mädchen" oder die Bearbeitung von Teresa Präauers Roman "Für den Herrscher aus Übersee", seine letzte im ORF Funkhaus entstandene Produktion.

"Hörspiel ist eigentlich Musik"

"Meine wichtigsten Mitarbeiter sind selbstverständlich die Schauspieler und die Tontechniker. Hörspiel ist eigentlich Musik. Musik ist ein mir ganz wichtiger Teil im Hörspiel. Wobei ich aber dazusagen muss, dass Hörspiel - selbst dann, wenn überhaupt kein einziger Takt Musik dabei ist - der Musik gehört. Es ist für mich eine Untergattung der Musik." Götz Fritsch

Götz Fritsch im Ö1 Hörspielstudio

Götz Fritsch 2016 im Ö1 Hörspielstudio bei den Aufnahmen zu "Für den Herrscher aus Übersee".

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"Hörspiel ist eine seltsame Kunst. Man kann einen mittelklassigen Film durchaus genießen, ein mittelklassiges Hörspiel ist einfach langweilig." Erstklassiges Arbeiten und vor allem den Hörer als Partner ins Spiel eintreten zu lassen - das waren Götz Fritschs oberste Devisen.

Doch bevor er als Hörspielregisseur reüssierte, schrieb er in Wien Theatergeschichte: Als er nämlich 1967 gemeinsam mit Hilde Berger und Dieter Haspel das Cafétheater-Ensemble im Wiener Café Einfalt als Aufführungsstätte des experimentellen Theaters gründete - ganz nach dem Pariser Vorbild.

Wir waren nicht gut, aber wir waren anders.

"Wir waren die böse junge Generation und haben mit dem Theater, wie es damals in der Josefstadt oder an der Burg üblich war, überhaupt nichts zu tun haben wollen", erinnerte sich Fritsch. "Wir wollten etwas völlig anderes. Wir waren nicht gut, aber wir waren anders."

Experimentaltheater La MaMa

So schlecht kann es nicht gewesen sein, denn Götz Fritsch wurde vom Fleck weg ans La MaMa, Amerikas berühmtestes Experimentaltheater, engagiert. Dort baute er eine neue Truppe mit amerikanischen Schauspielern und europäischen Regisseuren auf.

Götz Fritsch im Ö1 Hörspielstudio

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Nach Wien zurückgekehrt, arbeitete Götz Fritsch als freier Regisseur am Theater, wandte sich aber bald dem Genre Hörspiel zu.

"Jetzt muss ich Dialogregie üben"

"In La MaMa haben wir uns nicht sehr mit der Sprache auseinandergesetzt. Als ich Inszenierungen am Volkstheater gemacht habe, bin ich draufgekommen, dass mein Regieassistent mehr von Dialogregie versteht als ich. Und so habe ich mir gesagt: Jetzt muss ich das üben. Wo geht das besser als im Hörspiel? Und bin zum ORF."

Im Laufe von mehr als viereinhalb Jahrzehnten schuf er weit mehr als 300 Stücke. Zudem machte er sich als Bearbeiter literarischer Stoffe einen Namen. Er dramatisierte Krimis von Wolf Haas und Heinrich Steinfest, bearbeitete Texte und Romane von Jura Soyfer und Marie von Ebner-Eschenbach.

Die Brille und Hand von Götz Fritsch, Papierbögen

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Der in Berlin geborene Götz Fritsch wurde für seine Arbeiten mit einer Vielzahl von nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. Seine Arbeiten zeichnet analytische Schärfe, aber auch ein meisterhafter Einsatz musikalischer Elemente und Rhythmik aus. 2010 wurde er als Mitglied in die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste aufgenommen.

Mit Götz Fritsch verliert der ORF einen herausragenden Regisseur, einen unbestechlichen Hüter von Qualität, einen Freund der Künstlerinnen und Künstler.

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