Last Night at the Proms, jubelnde Menschen mit Fahnen

AFP/BEN STANSALL

Ö1 Konzert live

The Last Night of the Proms

Das Abschlusskonzert der heurigen "Proms" sendet Ö1 live am 8. September, weitere Konzerte des Festivals waren, bzw. sind am 5. und 16. zu erleben.

Populäres, Etabliertes und "novelties", diesen Mix hat Henry Wood 1895, im Gründungsjahr der Proms, als Motto für das mittlerweile zweimonatige Musikfestival ausgerufen. Ein Werk von Roxanna Panufnik ist die Novität dieses 75. Konzerts der heurigen Saison, eine von 40 Uraufführungen bzw. UK- oder Londoner Erstaufführungen dieser 124. Saison.

Etabliertes & Populäres

Etabliertes und Populäres lassen sich im Schlusskonzert nicht so recht trennen. So wird das nautische Thema mit Seemannsliedern und der imperialen Aufforderung aus dem 18. Jahrhundert, Britannia möge die Weltmeere beherrschen, des leicht karnevalesken Teils nach der Pause bereits im Orchesterliederzyklus "Songs of the Sea" des 1852 in Dublin geborenen Charles Villiers Stanford im ersten Teil vorweggenommen.

Hubert Parry hat mit "Jerusalem", seiner Vertonung des aufrührerischen Gedichts "And did those feet in ancient time" von William Blake, seinen unverrückbaren Platz im zweiten Teil. Aus Anlass der 100. Wiederkehr seines Todesjahres bekräftigen die "Schwestern" Wort und Musik ihr harmonisches Verhältnis in einem Klassiker der britischen Chormusik, in Hubert Parrys "Blest Pair of Sirens", bereits im ersten Teil. Lüfterln aus Brasilien und vom Broadway durchwehen dann nach der Pause mit Darius Milhauds "Scaramouche" bzw. "Soliloquy" aus dem Musical "Carousel" von Richard Rodgers und Oscar Hammerstein die Royal Albert Hall.

Last Last Night?

Die "vier Nationen" des UK feiern heuer zum 22. Mal "Proms in the Park" mit jeweils eigenem Programm: England in Londons Hyde Park, Schottland in Glasgow, Wales in Colwyn Bay, Nordirland in Belfast, bevor sie nach der Pause "united" werden - mittels "big screen link-ups". Das in Österreich gebräuchliche "Public Viewing" (im Englischen eine öffentliche Aufbahrung) könnte Wirklichkeit werden: Einige Monate vor dem angepeilten Brexit könnte diese Form des "Vereinigten Königreichs" leicht zur "Last Last Night of the Proms in the Park" werden.

Werden die Verse "Britons never will be slaves" aus der Hymne "Rule, Britannia!" oder Edward Elgars "Land of Hope and Glory" von den Brexit-Befürworter/innen vereinnahmt? Wer sind aktuell die "hochmütigen Tyrannen, die Britannien nie zähmen werden"? Werden weiterhin Fahnen aus Dutzenden Staaten im elliptischen, 6.000 Personen fassenden Konzertsaal geduldet?

Sakari Oramo

Sakari Oramo

BENJAMIN EALOVEGA

Zum Ausklang der "Klassikmusikparty"

Sakari Oramo, seit 2013 Chefdirigent des BBC Symphony Orchestra, des Orchestra in Residence der Proms, war 2016 im Ö1 Interview überzeugt, es würde "nichts passieren". Damals und auch 2017 blieb alles beim Alten: "Jerusalem", dann die humorige Rede des Dirigenten. Dieses Medley aus Statistik, ironischem Lob und Tadel für die Prommers - das Stehplatzpublikum - und besinnlichen Gedanken wird heuer wieder von Publikumsliebling Andrew Davis, dem Chefdirigenten des BBC Symphony Orchestra von 1991 bis 2004, vorgetragen.

Bis vor einigen Jahren ging am Ende dieser "größten Klassikmusikparty" (BBC-Werbung) nach der britischen Nationalhymne das Licht aus, das Orchester verließ den Saal, die Prommers stimmten "Auld Lang Syne" an. Um das sangesfrohe, aber intonationsschwache Publikum zu stützen, bleiben Orchester und Chöre nun im Saal. Das Ö1 Ritual absolvieren Tonmeister und Moderator: "See you at the Proms next year. Wir geben nun an die ‚Ö1 Jazznacht‘ weiter."

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