Die Beine von zwei Fußballspielern und ein Ball.

APA/HANS PUNZ

Bundesliga-Quoten

Deal um Fernsehrechte als Eigentor

Stell dir vor, die österreichische Fußball-Bundesliga läuft exklusiv auf dem Bezahlsender Sky - und keiner schaut zu. Ganz so krass ist es nicht, aber die Seherzahlen – von der Tageszeitung "Der Standard" recherchiert – sind in der Tat ernüchternd. Gerade einmal 30.000 auf Sky und gar nur 4000 auf A1 TV (das insgesamt vier Live-Spiele übertragen darf) haben das 2:1 von Austria Wien gegen Wacker Innsbruck zum Saisonauftakt gesehen.

Der "Standard" hat Daten aus dem Teletest zitiert, der natürlich auch die Signale von Sky und A1 TV misst. Diese Ergebnisse werden aber nicht offiziell ausgewiesen und an sich nicht veröffentlicht. Es wollen auch weder Sky noch A1 diese Zahlen bestätigen. Faktum ist: Bis zur letzten Saison hat man die Bundesliga-Spiele noch im ORF sehen können. Die Übertragungsrechte sind dann um viel Geld an den Bezahlsender Sky verkauft worden, die Seherzahlen sind in den Keller gerasselt. Vor einem Jahr haben das Eröffnungsspiel auf ORF eins noch 300.000 Menschen gesehen - das war auch die Durchschnittsquote für alle Sonntagsspiele der Bundesliga, die der ORF übertragen hat. Dem Vernehmen nach haben sich die Quoten auf Sky auch nach sechs Runden nicht verbessert.

Rekord-Einnahmen, dann Quoten-Flop

Sky zahlt der Bundesliga 34 Millionen Euro pro Saison für die Übertragungsrechte, ein Rekordpreis - der ORF konnte und wollte da nicht mitziehen. Wie viele Fußball-Fans die Spiele sehen können, stand bei der Bundesliga offenbar nicht im Vordergrund. Das große Geld hat das Argument hoher Reichweite geschlagen. Die Bundesliga sieht darin kein Problem: Es sei zu kurz gegriffen, Quoten von ORF-Übertragungen direkt mit den aktuellen Quoten zu vergleichen, hieß es auf Anfrage von #doublecheck. Denn der Deal mit Sky – das zu einem britischen TV-Konzern gehört – erlaube den Klubs, online viel mehr Bildmaterial von den Spielen zu verwenden. Und das werde über die eigenen Kanäle von Klubs und Spielern etwa über Social Media ausgespielt.

Bezahlsender Sky traut Teletest nicht

Sky argumentiert so: Der Teletest bilde nur einen Teil der Reichweite von Sky ab, weil digitale Kanäle des Senders und auch die Sky-Nutzung in Sportbars – also öffentlichen Lokalen – nicht erfasst seien. Auch seien die Teletest-Haushalte in diesem Fall nicht repräsentativ, weil auf die Zahl der Sky-Abos – mit Jahresende sollen es nach Angaben des Unternehmens 400.000 sein – nicht Rücksicht genommen werde. In Deutschland hat Sky diesbezüglich erfolgreich lobbyiert: Die AGF – das Pendant zum Teletest – gewichtet ihr Panel mit 1. Jänner 2019 neu, unter anderem werden Abos des Bezahlsenders berücksichtigt. Sky ist diesbezüglich auch mit der Arbeitsgemeinschaft Teletest im Gespräch, heißt es. Und man plane auch, irgendwann eigene Berechnungen zu den Bundesliga-Quoten zu veröffentlichen.

Selbst Kanzlerpartei ist unzufrieden

Die politische Debatte - ob es klug von der Bundesliga war, den Deal exklusiv mit Sky zu machen und auf den ORF als Partner (abgesehen von Highlight-Sendungen) zu verzichten - die läuft längst. SPÖ, Liste Pilz und selbst die Kanzlerpartei ÖVP meinen, man könne mit der Situation nicht zufrieden sein. Die entscheidende Frage ist nicht nur für die Politiker: Soll das wirklich allein der Markt regeln oder sollte die Bundesliga Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrags sein und im Free-TV gezeigt werden müssen? Immerhin kostet ein Sky-Abo 20 Euro aufwärts im Monat, Fußballschauen wird also ein teurer Spaß.

Bis zu 700 Euro für Fußballschauen

In Deutschland läuft diese Debatte übrigens auch, dort teilen sich Sky, Eurosport und die Öffentlich-Rechtlichen die Bundesliga-Lizenzen. Die "Süddeutsche Zeitung" hat – inklusive Rundfunkbeitrag – Kosten von 700 Euro für das Fußballjahr errechnet, wenn man alle Spiele sehen will. Auch auf Eurosport kostet der Zugang extra. In Österreich hat ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz die Diskussion angestoßen, ob die Bundesliga nach dem Fernseh-Exklusivrechtegesetz als Großereignis definiert werden sollte. "Erhebliche gesellschaftliche Bedeutung" ist laut Gesetz die Voraussetzung, das zu verordnen - dann müsste das Ereignis im Free-TV gezeigt werden. Der Bezahlsender Sky sagt, eine solche Entscheidung wäre ein Bruch mit der bisherigen Praxis – weil nie serielle Events geregelt worden seien. Rechtlich möglich wäre es.

Bundesliga will die Klubs beruhigen

Auch die Bundesliga will jetzt Zahlen über die Zugriffe auf die diversen Kanäle der Klubs und der Spieler sammeln, um ein Gesamtbild über die Reichweite hinter den Bezahlschranken zu bekommen, wie es heißt. Veröffentlichen möchte die Bundesliga diese Zahlen – anders als Sky angeblich - am Ende aber nicht, sie sollen nur intern präsentiert werden. Eine Beruhigungspille für die Bundesliga-Vereine quasi - für die schwer zu verdauen sein dürfte, dass Zweitliga-Spiele auf ORF Sport plus höhere Einschaltquoten haben als die Bundesliga-Spiele auf Sky, gar nicht zu reden von A1 TV. "Wir geben dir Fußball, wie du ihn noch nie erlebt hast!" Dieser Sky-Werbeslogan erhält vor diesem Hintergrund gleich eine ganz eigene Bedeutung.

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