Erika Freeman

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Frieden, Frauen, Israel - Masel tov!

"Im Gespräch" mit Erika Freeman

Die Psychoanalytikerin Erika Freeman hatte u. a. Marlon Brando, Marilyn Monroe und Woody Allen "auf ihrer Couch".

Geboren wurde sie als Erika Polesciuk-Padan 1927 in Wien. Bekannt wurde sie in ihrem Emigrationsland USA unter ihrem Ehenamen, Erika Freeman, als Therapeutin der großen Hollywoodstars und Beraterin einflussreicher Politiker/innen.

Über Jahrzehnte war sie eine bekannte Talkshow-Moderatorin und Fernsehikone. In erster Linie aber ist sie ein Mensch, der im jeweiligen Gegenüber den anderen Menschen erkennt. Und weil sie sich selbst stets treu blieb, schenkten und schenken ihr die großen Persönlichkeiten dieser Welt ihr Vertrauen.

Mit zwölf Jahren Flucht nach New York

Erika Freemans Eltern kamen aus Czernowitz nach Wien, wo sie studierten und sich der jüdischen Jugendorganisation Ha shomer ha za’ir (Wächter der Jugend) anschlossen. Beide hatten bereits in ihrer Heimat Hebräisch gelernt. Die Mutter, Rahel Padan, starb 1941 in Opole, Polen. Der Vater kam als politisch Verfolgter in Theresienstadt ums Leben. So glaubte man zumindest. Doch eines Tages - es war ein Jom Kippur - lief er in New York auf dem Broadway seinem Bruder über den Weg. Ein schwedischer Diplomat hatte ihn mittels Notlüge aus dem Lager befreit.

Erika war zu jener Zeit schon in den USA, obwohl sie mit einem Kindertransport von Wien nach Palästina gebracht hätte werden sollen. Sie hatte ihren Platz einem anderen Kind überlassen, das an ihrer statt nach Palästina hatte fliehen können. Sie selbst hatte ein Affidavit, mit dem sie in die USA reisen konnte. 1940, mit zwölf Jahren, floh sie als unbegleitete Minderjährige nach New York, wo sie zunächst bei entfernten Verwandten wohnte.

Freuds Lieblingsschüler & Tante Erika

Weil es woanders nicht schlimmer sein konnte, wuchs sie schließlich in verschiedenen Waisenhäusern auf. Sie studierte Internationale Beziehungen und erkannte sehr früh, wie grausam Politikerinnen und Politiker sein konnten, die in ihrer Kindheit zu wenig Zuwendung bekommen hatten. Also beschloss sie zu lernen, wie man die menschliche Psyche analysiert.

Ihr Lehrer war niemand Geringerer als Theodor Reik, der Lieblingsschüler Sigmund Freuds. Reik war bis 1933 Mitarbeiter am Berliner Psychoanalytischen Institut gewesen. 1933 floh er zunächst in die Niederlande und emigrierte schließlich 1938 in die USA. Aber es war Erikas Tante Ruth, die ihr die Türen zur New Yorker und zur internationalen Gesellschaft öffnete. Durch diese berühmte Tante, die wie die Eltern aus Czernowitz stammte, aber schon seit 1936 in Palästina lebte, lernte Erika unter anderen auch Eleanor Roosevelt, die Ehefrau von Präsident Franklin D. Roosevelt, kennen.

Gegen das Vergessen

Zu jener Zeit war Ruth Klüger in Palästina eine Heroin und weltberühmt. 1938 warb Elijahu Golomb sie für die Hagana, die vorstaatliche Armee, an. Sie wurde im Mossad le Alija Bet, in der illegalen Immigration, eingesetzt und schmuggelte Hunderte Menschen aus Europa nach Palästina, das unter britischem Mandat stand.

Erika heiratete in New York den renommierten US-amerikanischen Maler und Bildhauer Paul Freeman und wurde in den 1950er und 1960er Jahren zur mentalen Stütze von Berühmtheiten wie Marilyn Monroe, Marlon Brando oder Woody Allen. Sie war regelmäßig bei den Carters und Clintons eingeladen und beriet Persönlichkeiten wie Golda Meir oder Kardinal König. Für das Projekt "A Letter To The Stars" kehrt Erika Freeman seit 2007 immer wieder nach Österreich zurück und setzt sich als Zeitzeugin nachdrücklich gegen das Vergessen ein.

Insights - Conversations with Theodor Reik

Sie hat bisher ein Buch veröffentlicht, das der Erinnerung ihres großen Lehrers gewidmet ist: "Insights - Conversations with Theodor Reik". Aber sie ist auch bei persönlichen Begegnungen eine begnadete Erzählerin, mindestens genauso unterhaltsam wie ihre glamourösen Hollywoodklientinnen und -klienten.

Text: Birgit Allesch

Service

Erika Freeman, "Insights. Conversations with Theodor Reik" (Englisch), Verlag Prentice-Hall, 1971