ORF/URSULA HUMMEL-BERGER
Im Gespräch
Erika Freeman - Im Gespräch
"3 x 30 + 1 Jahre Zeitgeschehen und Psychoanalyse" - Andreas Obrecht im Gespräch mit Erika Freeman, Psychoanalytikerin
13. September 2018, 21:00
2017 feierte Erika Freeman ihren 90. Geburtstag - 3 x 30 Jahre, wie sie gern sagt - in Wien. In jener Stadt, aus der die damals 12 Jahre alte Erika Padan 1938 alleine nach New York fliehen musste, wo sie - dort angekommen - in verschiedenen Waisenhäusern lebte. Schließlich kümmerte sich ihre berühmte Tante Ruth Klüger, die als Heldin der zionistischen Bewegung ebenfalls nach New York gekommen war, um Erika. Plötzlich befand sich das ehemalige Flüchtlingskind in einer schillernden Welt, in der viele prominente Künstler und Politiker verkehrten und in der sie mit der Präsidentengattin Mrs. Roosevelt zu Tisch saß.
Erika studierte Psychologie an der Columbia University und wurde Lieblingsschülerin des Psychoanalytikers Theodor Reik, der seinerseits Lieblingsschüler von Sigmund Freud in Wien gewesen war. Sie ließ sich zur Psychoanalytikerin ausbilden, heiratete den bekannten Maler und Bildhauer Paul Freeman und blickte schon bald halb Hollywood tief in die Seele: Marlon Brando, Marilyn Monroe, Paul Newman, Burt Lancaster, Liv Ullman, Woody Allen und viele andere waren ihre Freunde und oft auch Klienten. Auch mit Hillary Clinton ist Erika Freeman, die nach wie vor in ihrer psychoanalytischen Praxis beim Central Park arbeitet, eng befreundet. Mit ihr gemeinsam hat sie das "Women`s Forum" gegründet - ein weltumspannendes Netzwerk zur beruflichen Förderung von Frauen. Über den Konkurrenten ihrer Freundin im letzten US-Wahlkampf, den jetzigen Präsidenten, weiß sie freilich wenig Gutes zu berichten.
Seit einigen Jahren kommt Erika Freeman immer wieder nach Wien, in die Stadt ihrer Kindheit, um als Zeitzeugin an Schulen über die Schrecken der NS-Zeit zu berichten und auch an der Aktion "A letter to the Stars" mitzuwirken. Zudem nutzt sie ihre weltweiten Kontakte zur Unterstützung caritativer Organisationen in Israel, das sie ebenfalls regelmäßig besucht - war sie doch auch lange persönliche Beraterin der ehemaligen Ministerpräsidentin Golda Meir. Stets nahe am Zeitgeschehen, an der Weltpolitik und ausgestattet mit einem unerschrockenen analytischen Blick auf die Geschehnisse der Welt denkt Erika Freeman noch lange nicht an Ruhestand: "Warum soll ich aufhören", sagt sie mit einem Augenzwinkern, "jetzt, wo ich flexibler bin als jemals zuvor?"
Service
Erika Freeman, "Insights. Conversations with Theodor Reik" (Englisch), Verlag Prentice-Hall, 1971