Filippino Lippi, Bildnis eines jungen Mannes, um 1480/85 (Ausschnitt)

NATIONAL GALERY OF ART, WASHINGTON

Von Giotto bis Leonardo da Vinci

"Florenz und seine Maler" in München

Ohne die Renaissance hätte es keine Aufklärung gegeben. Zu diesem Schluss könnte man bei der neuen Ausstellung in der frisch sanierten Münchner Alten Pinakothek kommen. Gezeigt wird die Sammlung Ludwigs I. - ergänzt durch Leihgaben aus der ganzen Welt.

Morgenjournal | 22 10 2018

Susanne Lettenbauer

Im 15. Jahrhundert gehörte Florenz zu den wichtigsten Handelsmetropolen der Welt. Die Medicis förderten die Kunst wie keine andere Dynastie ihrer Zeit. 300 Jahre später - Anfang des 19. Jahrhunderts - wurden die Gemälde, Statuen, Büsten und Zeichnungen in die ganze Welt verkauft. Auch der bayerische König Ludwig legte sich eine hochkarätige Sammlung zu. Diese wird in der Ausstellung gezeigt - ergänzt durch Leihgaben aus der ganzen Welt. Wer die Kunst aus Florenz erleben will, muss also derzeit nicht nach Italien reisen, sondern nach München.

Bildnis einer Frau

VICTORA AND ALBERT MUSEUM, LONDON

Sandro Botticelli, Bildnis einer Frau (Smeralda Brandini?),
1470-1475

Mit der hochrangigen Ausstellung feiert die Pinakothek den Abschluss der jahrelangen Sanierungsarbeiten und eröffnet die neue Wechselausstellungsfläche, auf der jährlich mindestens zwei Sonderausstellungen gezeigt werden.

Alltagsszenen der Malerwerkstatt

Es sind nur ein paar kleine dünne Kreidestriche. Eine Skizze des Florentiners Maso Finiguerra von einem seiner Lehrlinge um 1450. Wie magisch wird der Betrachter in die Alltagsszene der Malerwerkstatt hineingezogen. Normalerweise hängt das angegilbte Papierwerk sparsam ausgeleuchtet in den Uffizien in Florenz. In München eröffnet es die neue Ausstellung in der Alten Pinakothek.

Und gleich von Anfang an wird klar: Es geht hier nicht darum, eine von unzähligen Florenz-Ausstellungen vergangener Jahre zu toppen, sondern hinter die Kulissen der Werkstätten im 15. Jahrhundert zu schauen, so der Anspruch von Kurator Andreas Schumacher: "Also der Disegno ist ja nicht nur die Zeichnung auf dem Papier, sondern auch die imaginative Konzeption, also die geistige Schöpfung eines Werkes und mit dieser Idee der kunsttheoretischen Diskussion ihres Schaffens legen sie auch den Grundstein dafür, dass sie nicht nur Handwerker, sondern auch freie Künstler sind."

Umbruch und Tradition

Das Ringen um leuchtende Farben, der Übergang von Tempera zu Ölmalerei, der Umgang mit der wiederentdeckten Antike. Was Wissenschaftler in Restaurierungsateliers seit Jahren untersuchen, in München will man das Geheimnis auch für den Besucher lüften.

Goldschmiede, Bildhauer und Maler wie Leonardo da Vinci, Botticelli, Zanobi Strocci oder auch Lorenzi di Credi müssen sich gekannt, um Aufträge konkurriert und somit zu Höhenflügen angetrieben haben, sagt Schumacher. Erstaunlich trotzdem: "Es ist sehr überraschend zu sehen, dass, obwohl es so viel Umbruch und Neuerungen gab, es sehr lange auch sehr traditionelle Malmethoden sich halten, dass ein großer Künstler wie Andrea del Verrocchio die Perfektion der Temperamalerei betreibt und man tatsächlich lange festhält an dem Gewohnten. Das war eine spannende Erkenntnis."

Verrocchio und seine berühmten Schüler

Andrea del Verrocchio bereitete trotz oder vielleicht aufgrund dieses Vorbehalts gegenüber neuen Maltechniken den Weg für seine berühmten Schüler: Leonardo da Vinci, Lorenzo di Credi, Pietro Perugino, der spätere Lehrer Raffaels, und Botticelli.

Maria mit Kind und zwei Engeln

Andrea del Verrocchio und Werkstatt, Maria mit Kind und zwei Engeln, um 1467/69 8Ausschnitt)

NATIONAL GALERY, LONDON

Bei Restaurierungsarbeiten der Münchner Sammlung habe man sogar Tempera wie auch Ölmalerei auf einem Bild entdeckt, was durch Videos und Fotos in der Ausstellung dokumentiert wird: "So kann man hier erfahren, wie ein Bild von der Holztafel über die Gipsgrundierung, über die vorbereitende Zeichnung, die dann darauf kommt, aufgebaut wird. Sei es ein Goldgrundbild oder eben eine perfekte Ölmalerei", so der Kurator.

Vom Niedergang Florenz' profitiert

Bayerns König Ludwig I. profitierte Anfang des 19. Jahrhunderts von dem Niedergang und der Geldknappheit Florenz'. Altarbilder, Porträts und Gemälde wurden ab den Napoleonischen Kriegen von den Dynastien und dem Klerus aus den Kirchen und einstmals guten Stuben zu günstigen Preisen auf den Markt geworfen, Kritiker sprechen von einem Ausverkauf der einstmals florierenden Renaissance-Kunst.

Erst um 1823 zogen die Preise wieder an. 70 hochrangige Gemälde sicherte sich der Bayernkönig für seine geplante öffentliche Galerie, die heutige Alte Pinakothek und der Grundstock für die jetzige Ausstellung. In teils jahrelangen Bemühungen konnte Kurator Schumacher 50 weitere Werke aus aller Welt dazuholen. Eine feine, übersichtlich kleine und didaktisch spannende Ausstellung ist ihm gelungen, auch wenn man als Betrachter manchmal gar nicht so viele Geheimnisse zur Entstehung berühmter Gemälde lüften mag.

Service

Die Pinakotheken - "Florenz und seine Maler - Von Giotto bis Leonardo da Vinci". Die Ausstellung in der Alten Pinakothek München ist noch bis zum 27. Jänner 2019 zu sehen.