Kunstwerk von Jose Davila

STEFAN LUX

Skulpturen

Jose Dávila: Fragiler Balanceakt

Er schafft Skulpturen, die die Grenzen der Schwerkraft ausloten und kombiniert Stein, Marmor oder Felsblöcke mit Industriematerialien. Das Ergebnis sind minimalistisch anmutende Skulpturen, die die Tradition der Minimal Art neu interpretieren. Das Franz Josefs Kai 3 in Wien zeigt nun die erste Einzelausstellung des mexikanischen Künstlers Jose Dávilas in Österreich.

Ausstellungsansicht

STEFAN LUX

Sechs Glasplatten schweben scheinbar schwerelos im Raum. Sie sind kunstvoll zusammengefaltet wie ein halb geöffneter Fächer und werden einzig von zwei Transportgurten zusammengehalten. Bitte nicht berühren! Die Aufforderung, die man aus Museen kennt, muss in dieser Ausstellung nicht explizit formuliert werden. Bloß nicht angekommen, denkt sich der Besucher. Schon beim Betrachten hat man Angst der fragile Balanceakt könnte aus dem Gleichgewicht geraten. Der mexikanische Künstler Jose Dávila komponiert minimalistische Kompositionen im Raum und treibt die Gesetze der Statik bis ans Limit.

"Beim Aufbau dabei zu sein, war ein Nervenkitzel", sagt Marlies Wirth, Kuratorin der Ausstellung "A Simple Rule to Remember". Es gebe zwar präzise Aufbaupläne, so Wirth weiter "aber man kann sich im ersten Moment nicht vorstellen, wie die Konstruktion halten soll. Die einzelnen Objekte müssen in genau berechneten Winkeln zueinander stehen. Trotzdem steht die Überlegung im Raum, dass die Konstruktion doch nicht halten könnte."

Völlig losgelöst!

Es überrascht nicht, dass Jose Dávila studierter Architekt ist. Der Künstler erforscht in seinen Skulpturen die physikalischen Gesetze von Masse und Kraft. "Ich habe nie als Architekt gearbeitet, aber ich habe mein Architekturstudium beendet. Die Art und Weise wie ich mit Materialien umgehe, verrät den Blick des Architekten", sagt Jose Dávila.

Dávilas Skulpturen sind kunstgeschichtlich in der Minimal Art verortet, seine abstrakten Kompositionen im Raum erinnern an Donald Judd oder Richard Serra. Dávila kombiniert Steine, Fels- und Marmorblöcke, die er in der mexikanischen Landschaft findet, mit industriell gefertigten Materialien wie Glas, Spiegel, oder Stahl. "All diese Elemente kommen in seinen Skulpturen zusammen. Das heißt, diese Skulpturen entstehen nicht, indem ein spezifisches Material wie Holz, oder Marmor bearbeitet wird, sondern sie entstehen durch die Kombination einzelner Elemente, die teilweise Gebrauchsgegenstände, oder Industriematerialien sind", sagt die Kuratorin Marlies Wirth.

Die Ruhe vor dem Sturm

Das Archaische trifft in Jose Dávilas Kunst auf das Industrieprodukt und erzeugt damit ein Spannungsverhältnis, das an die kulturgeschichtlich vielfach ausgeleuchtete Dichotomie von Natur und Kultur denken lässt. In Zeiten des Klimawandels darf man diesen Bezug durchaus als symbolisch aufgeladene Setzung verstehen. Denn wer die statisch waghalsigen Konstruktionen Jose Dávilas sieht, darf den künstlerischen Balanceakt auch im übertragenen Sinne verstehen.

Ist unsere Gesellschaft dabei, das Gleichgewicht zu verlieren? "Die Leute, die meine Skulpturen anschauen, warten darauf, dass etwas passiert", sagt der Künstler, "Meinen Arbeiten wohnt ein Spannungsmoment inne. Sie versinnbildlichen in gewisser Weise die Ruhe vor dem Sturm."

Gestaltung