Eine Bergkette nördlich von Nikosia

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Praxis

Zypern: Die gespaltene Insel und ihre Religionen

Im Süden liegt die mehrheitlich von griechischen Zypriotinnen und Zyprioten bewohnte "Republik Zypern", der Norden steht unter der Kontrolle der "Türkischen Republik Nordzypern", die nur von der Türkei anerkannt wird. Die Mehrheit der Bevölkerung im Süden gehört der zypriotisch orthodoxen Kirche an, im Nordteil der Insel sind die Menschen mehrheitlich sunnitische Muslime. Maria Harmer war auf beiden Seiten der sogenannten Green Line.

Freitagmorgen in Nicosia, der Hauptstadt von Zypern. Die Altstadt ist von einer beeindruckenden Stadtmauer mit mächtigen Toren und Bastionen umgeben, die aus der Zeit der Venezianischen Herrschaft im 15. und 16. Jahrhundert stammt. In den Kaffeehäusern der Stadt treffen sich vor allem Männer und stellen Backgammon-Bretter auf die kleinen runden Tische; streunende Katzen putzen in der Sonne ihr Fell. Ich gehe zur Kathedrale Agios Ioannis, die sich innerhalb der Stadtmauern befindet und im 17. Jahrhundert erbaut wurde.

Von außen ist die Kathedrale erstaunlich klein, doch das Innere mit den vergoldeten Holzarbeiten, den Ikonen und hell erleuchteten Kristalllustern ist prachtvoll. Der Gottesdienst ist auch am Wochentag gut besucht; Menschen kommen und gehen, küssen die Ikonen, zünden Kerzen an, begrüßen Bekannte, feiern die Liturgie mit.

Kathedrale Agios Ioannis von Innen

APA/ ROLAND SCHLAGER

Vertrieben aus Kyrenia

Die jahrhundertelange Präsenz der orthodoxen Kirche hat die Insel maßgeblich geprägt. Bis heute gehört die überwiegende Mehrheit der griechischen Zypriotinnen und Zyprioten der zypriotisch-orthodoxen Kirche an. Sie ist von der griechischen unabhängig und als Nationalkirche viel älter, beruft sich auf die Apostel Paulus und Barnabas, die nach Zypern gekommen sind, erklärt Metropolit Chrysostomos. Er ist Metropolit von Kyrenia, einer Diözese, die im seit 1974 von der Türkei besetzten Nordteil der Insel liegt.

Die meisten orthodoxen Bewohnerinnen und Bewohner flohen damals in den Süden, auch der Bischofssitz ist nun in Nikosia. „Daher feiere ich hier die Heilige Liturgie mit den Vertriebenen orthodoxen Christinnen und Christen aus Kyrenia, die nun verstreut im Süden der Insel leben. Die Diözese von Kyrenia hängt noch am Kreuz, aber nach dem Kreuz folgt die Auferstehung. Wir hoffen auf unsere Auferstehung!", meint der Metropolit im Interview.

In den Gässchen der Altstadt von Nicosia gerät man immer wieder in eine Sackgasse und der Weg ist durch Betonwände, Fässer und Stacheldraht versperrt: Nicosia ist eine geteilte Stadt. Seit 2008 gibt es hier die Möglichkeit, über die sogenannte "Green Line" zu Fuß in den Norden zu gehen. Die Grenzformalitäten auf beiden Seiten sind unkompliziert, ich muss nicht einmal lange warten.

Moschee jenseits der Grenze

Jenseits der Grenze sieht die Ledra-Street ganz anders aus: Schuhe, Sweatshirts und Koffer werden wie im Bazar auf der Straße zum Verkauf angeboten. Es riecht verführerisch nach gebratenem Fleisch und süßem Baklava. Ich möchte rechtzeitig beim Freitagsgebet in der Selimiye-Moschee sein.

Die Selimiye-Moschee ist ein Meisterwerk des gotischen Kirchenbaus und die einstige christliche Kathedrale der Stadt, der Heiligen Sophia geweiht. Bis 1489 war sie auch die Krönungskirche der Könige Zyperns. Die Osmanen wandelten die Kathedrale dann in eine Moschee um, die unvollendet gebliebenen Westtürme wurden als Minarette ausgebaut, die sakrale Ausstattung wie auch die Kirchenfenster und die figürlichen Darstellungen gingen dabei verloren.

Die Selimiye-Moschee

AFP/BEHROUZ MEHRI

Nun strömen vor allem Männer in Richtung Moschee, machen ihre rituellen Waschungen am Brunnen gegenüber vom gotischen Eingangsportal und ziehen ihre Schuhe aus, bevor sie die Moschee betreten. Tandschou Hastuntsch, ein Moschee-Diener, achtet darauf, dass alles in Ordnung ist und niemand in ungebührlicher Kleidung die Moschee betritt.

Tanzende Derwische

"Am Freitag und an jedem Tag ist das Gebet fünf Mal am Tag wichtig, wenn möglich in der Moschee", sagt der türkische Zypriot. Und er legt mir einen Besuch im Islamischen Museum gleich um die Ecke und den sogenannten "Bedesten" ans Herz. Der Bedesten befindet sich direkt neben der Selimiye-Moschee und war auch ursprünglich eine byzantinische Kirche, seit osmanischer Zeit diente es als Markt und Kornkammer. Heute ist er ein Kulturzentrum, und ich kaufe bei Hastuntsch ein Ticket für eine Derwisch-Tanzperformance. Die mystische Richtung des Sufismus, der die Derwische angehören, ist eine Gruppierung des Islam, die auch in Zypern vertreten war.

Die beiden Derwische in ihren weiten weißen Gewändern drehen sich als besondere Form des Gebetes linksherum beständig im Kreis. Tandschou Hastuntsch erklärt: "Die tanzenden Derwische sind wichtig, die Vorführung ist keine Show, sondern ein Ritual, eine Hommage an diese wichtige Tradition", bekräftigt er.

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