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Von Rubinstein bis Napoleon

Berühmte Handschriften im Bildband

Mehr als hunderttausend Handschriften besitzt der Brasilianer Pedro Corrêa do Lago und verfügt damit über die größte private Autografensammlung der Welt. Letztes Jahr hat er die Höhepunkte seiner Sammlung in New York gezeigt, jetzt erscheint ein reich illustrierter Bildband mit den Faksimiles dieser historischen Schreiben unter dem Titel "Zauber der Schrift".

Morgenjournal | 19 04 2019

Wolfgang Popp

Als Sohn eines brasilianischen Diplomaten begann Pedro Corrêa do Lago schon früh mit dem Autografensammeln. Bereits 1970, da war er gerade zwölf Jahre alt, kontaktierte er die Berühmtheiten der damaligen Zeit, egal ob Schriftsteller, Musiker oder Künstler.

Handschrift Königin Victoria

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Erst harmloses Hobby, dann Passion

"Ich kam immer ungeduldig von der Schule nach Hause und sah als erstes im Postkasten nach, ob mir wieder jemand geantwortet hatte, und wirklich fand ich dort Briefe von Agatha Christie, Arthur Rubinstein oder Joan Miró", erinnert sich der Sammler. "Picasso schrieb zwar nicht zurück, dafür weiß ich, dass sich mein Brief in seinem Archiv befinden muss, weil Picasso nie etwas weggeschmissen hat."

Was als harmloses Hobby begann, wuchs sich zur Passion aus. Das Ergebnis ist eine Sammlung, die neun Jahrhunderte umfasst: Von einem päpstlichen Schreiben aus dem Jahr 1153 geht es hinauf bis zu einem Fingerabdruck des Physikers Stephen Hawking aus dem Jahr 2006. Auch was den Hintergrund der Absender angeht, ist das Spektrum groß. Vom Philosophen Ludwig Wittgenstein reicht es bis zum französischen Kaiser.

"Ich besitze etwa 50 Autografen von Napoleon. Seine Handschrift gilt ja als fast unleserlich, und tatsächlich gibt es noch immer zahlreiche Dokumente von ihm, die bis heute nicht entziffert werden konnten."

Handschrift Goethe, aufgeschlagenes Buch

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Gelangweilter Imperator

Für das Buch hat Pedro Corrêa do Lago ein Blatt ausgewählt, auf dem Napoleon die Namen mehrerer Erzbischöfe aufgelistet hat, die nicht zu seiner Trauung erschienen waren, und die er deshalb absetzen wollte. Darüber hinaus finden sich aber auch Kritzeleien, die der von der Sitzung ganz offensichtlich gelangweilte Imperator am Blattrand hinterlassen hat. Beiläufigkeiten, die oftmals viel über den Schreiber aussagen. Wie auch ein Brief, den van Gogh nach seinem psychischen Zusammenbruch und seinem Umzug nach Paris nach Südfrankreich geschickt hat.

"Den Brief hat van Gogh zwei Monate vor seinem Tod an seine Wirtsleute in Arles geschrieben. Er bat sie, ihm seine Besitztümer nachzuschicken, und stellt damit eine Inventarliste des durch sein Gemälde wohl berühmtesten Zimmers der Kunstgeschichte auf", erläutert Pedro Corrêa do Lago. "Es ist aber auch bewegend, weil van Gogh damals so arm war, dass er zwar um seine Matratze bat, allerdings ohne die Strohfüllung, weil es billiger war, das Stroh nachzukaufen, als das Porto für das Stroh zu bezahlen."

Buchumschlag

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Van Gogh und Gauguin im Clinch

Bei seinem Zusammenbruch hatte van Gogh sich damals Teile seines Ohrs abgeschnitten, davor war es aber noch zu einem heftigen Streit mit seinem Mitbewohner Paul Gauguin gekommen. Auch ein Ereignis, das Pedro Corrêa do Lago mit einem Brief belegen kann.

"Gauguin schreibt darin, dass er nicht wie ursprünglich geplant in Südfrankreich bleiben könne, weil sein Künstlerfreund verrückt geworden sei und er um sein Leben fürchte."

Näher kann man einem toten Menschen nicht kommen als das Blatt Papier zu besitzen, das er beschrieben und in Händen gehalten hat, sagt Pedro Corrêa do Lago. Im Fall des weniger betuchten Normalsterblichen gilt das für das Buch "Zauber der Schrift".

Service

"Zauber der Schrift - Sammlung Pedro Corrêa do Lago", Taschen

Gestaltung

  • Wolfgang Popp