Ayka-Filmstill

POLYFILM FILMVERLEIH

Prämiertes Filmdrama

"Ayka" - Überlebenskampf einer Frau

248-mal ist es 2010 vorgekommen, dass Mütter aus Kirgisistan in Moskauer Krankenhäusern entbunden hatten, danach aber ihr Neugeborenes zurückließen. Eine Zeitungsnotiz darüber hat den russischen Regisseur Sergej Dvortsevoy angeregt, den Gründen für dieses Aufgeben von Kindern nachzugehen. Sein Film "Ayka" zeigt so eindringlich den Überlebenskampf einer jungen Frau in Russlands Hauptstadt. Die kasachische Samal Yeslyamova wurde für diese Rolle letztes Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes mit dem Darstellerpreis ausgezeichnet.

Morgenjournal | 21 05 2019

Arnold Schnötzinger

Die Schufterei in einem Schlachthof, also das Rupfen und Ausnehmen von Hühnern hat sich nicht gelohnt. Die Vorgesetzten sind einfach mit dem Geld verschwunden. Wie ein gerupftes Huhn und ausgenommen muss sich nun auch Ayka fühlen. Überhaupt läuft es nicht so gut für die junge Frau aus Kirgisistan. Im russischen Winter, in Moskau.

Ihr Neugeborenes lässt sie im Krankenhaus zurück, mit Eiszapfen versucht sie die ständigen Blutungen zu stillen, das Leben in einem Massenquartier ist eine einzige Misere, der Traum eine eigene Nähwerkstatt aufzumachen ist längst geplatzt und chronischer Geldmangel eine permanente Begleiterscheinung dieser Existenz.

Paradies und Hölle zugleich

Die Figur Ayka ist exemplarisch für viele Zuwanderer aus Asien, die in Moskau Arbeit und einen legalen Aufenthalt suchen. Regisseur Sergej Dvortsevoy zeichnet ein ambivalentes Bild der russischen Hauptstadt, betont die sozialen Unterschiede zwischen reich und arm, eine Ellbogenmentalität, eine Stadt, die Paradies und Hölle zugleich sein kann, in der eine Art Glücksrittertum für Arme herrscht. Schon ein bescheidenes Auskommen wäre ein Erfolg. Allerdings ist es schwierig zu erreichen, auch deshalb, "weil viele Menschen in den Straßen Moskaus Angst hätten, und einfach nicht kommunizieren wollen", meint Dvortsevoy.

Wenig Spielraum

Die Stadt scheint im Schnee zu ersticken, schnürt also ihren Bewohnern die Luft ab, die Räder der Autos drehen durch, man kommt nicht vom Fleck, rotiert quasi am Stand. Ayka wird fast von einem Schneepflug überfahren, droht unter die Räder zu kommen, oft bewegt sie sich in engen Räumen. Viel Spielraum hat dieses Leben also nicht. Den Überlebenskampf seiner Protagonistin führt Regisseur Sergej Dvortsevoy nicht nur auf einer symbolischen Ebene, sondern auch mit dokumentarischem Anspruch.

Spürbare Erschöpfung

Eine überaus bewegliche Handkamera macht die Sache auch für das Kinopublikum ungemütlich, hautnah im wahrsten Sinne klebt man an Ayka dran, kann man die Anstrengung und die Erschöpfung regelrecht spüren. Wenig Spielraum also im Kino, dem Sog der Ereignisse zu entkommen.

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger

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