Franco Zeffirelli

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Film und Bühne

Italienischer Regisseur Franco Zeffirelli ist tot

Zeffirelli starb Samstagmittag nach langer Krankheit zuhause in Rom, teilte die Franco-Zeffirelli-Stiftung mit. Der geborene Florentiner wurde 96 Jahre alt.

Nachrichten | 15 06 2019

Susanna Dal Monte

Franco Zeffirelli, der eigentlich Gian Franco Corsi Zeffirelli hieß, sei in Anwesenheit seiner Söhne friedlich entschlafen, teilten die Angehörigen am Samstag mit. Er war schon seit mehreren Monaten von schweren gesundheitlichen Problemen gezeichnet.

"Zynischer, alter Wolf"

Kaum ein anderer Regisseur hat die italienische Oper so opulent und glanzvoll in Szene gesetzt wie Franco Zeffirelli. "Zu viel war ihm noch nie genug", wurde einst über ihn geschrieben. Einen einfachen Charakter hatte er nicht, er war undiplomatisch und eigenwillig, manchmal radikal in seinen Ansichten und zornig auf alles, was ihm nicht ins Konzept passte.

"Ich war immer schon ein zynischer, alter Wolf", bekannte er einmal. Die Vorstellung des Ablebens - plötzlich nicht mehr Teil dieser Erde zu sein - mache Angst, sagte er im Jänner 2018 kurz vor seinem 95. Geburtstag.

Filmemachen sei eine wunderbare Kunstform, denn bei den Dreharbeiten habe er sowohl die Fakten als auch die Emotionen erneut durchleben können, schwärmte er in einem Interview. "Indem ich jene Zeit Revue passieren lasse, erinnere ich mich an kleine Details, Gesichter tauchen vor meinem inneren Auge auf und die Straßen von damals werden wieder lebendig."

Bei den Partisanen

Schwul, unkonventionell, selbstbewusst: Der impulsive Zeffirelli kann auf ein erfolgreiches Leben zurückblicken. "Ich habe immer schon jene Gedankenfreiheit und Neugierde besessen, die mich zu einem Ungehorsamen gemacht haben", erzählte der Regisseur. Schon von Geburt an war Zeffirellis Laufbahn einmalig. "Ich bin als kleiner Bastard zur Welt gekommen. Sowohl mein Vater als auch meine Mutter hatten bereits eine Familie, als sie sich kennenlernten.

Meine Mutter ist gestorben, als ich sieben Jahre alt war. Sie hat mich sehr geliebt, ihre Liebe hat mein ganzes Leben durchdrungen", so Zeffirelli, der von einer Tante aufgezogen wurde. Er studierte Architektur, leitete eine Studentenbühne, kämpfte ab 1943 als Partisane gegen die deutschen Besatzer. Nur knapp entging er der Erschießung durch die Faschisten.

Dali, Shakespeare, Cher

1946 schloss sich Zeffirelli Luchino Viscontis "Morelli-Stoppa"-Gruppe als Schauspieler und Bühnenbildner an. Zusammen mit Salvador Dali entwarf er die Kulissen für Inszenierungen der Shakespeare-Stücke "Wie es euch gefällt" und "Troilus und Cressida". Visconti, für den er als Assistent arbeitete, zählte zu seinen Freunden. Zeffirelli, der sich offen zu seiner Homosexualität bekannte, führte 1953 erstmals an der Mailänder Scala Regie. Internationales Aufsehen erregte er 1958 mit seiner unorthodoxen Interpretation von Verdis Oper "La Traviata", die er 1983 auch verfilmte.

Den Durchbruch als Theater-Regisseur schaffte Zeffirelli 1960 mit seiner Inszenierung von Shakespeares "Romeo und Julia". Die Filmversion dieser Tragödie wurde 1967 einer seiner größten Kino-Erfolge. 1973 entstand sein Franz-von-Assisi-Film "Bruder Sonne, Schwester Mond", der im Vatikan hitzige Reaktionen auslöste. 1977 verfilmte er mit einer Starbesetzung den TV-Vierteiler "Jesus von Nazareth". Zu seinen Erfolgen zählt auch der Film "Der junge Toscanini" (1988) mit Elizabeth Taylor und Philippe Noiret. Die Geschichte seiner Kindheit im Rahmen einer Gruppe von Tanten und schrulligen englischen Ladies erzählte er im Film "Tee mit Mussolini" mit der amerikanischen Schauspielerin und Sängerin Cher.

Italienische Oper in Wien

Die große Vorliebe des Regisseurs blieben Opern, deren Inszenierung er sich ein Leben lang leidenschaftlich widmete. Nie sparte Zeffirelli mit Kritik an den Operndirektoren und -regisseuren. "Das einzige Ziel der Regisseure ist heute, sich auf egozentrische Weise selbst auszudrücken, ohne Rücksicht auf den echten Inhalt einer Oper. Ich glaube, dass man originell sein und zugleich das Werk eines Autors respektieren kann", sagte Zeffirelli. "Es tut mir sehr Leid, dass in den letzten 80 Jahren kein Musikgenie mehr zur Welt gekommen ist. Puccini ist 1924 gestorben und mit ihm die italienische Oper", fügte der Filmemacher hinzu.

An der Wiener Staatsoper gehören einige von Zeffirellis Inszenierungen zum fixen Inventar: Seine "La Boheme" aus 1963 wurde bereits 427 Mal gespielt, das nächste Mal Mitte März, seine "Carmen" aus dem Jahr 1978 erlebte 161 Vorstellungen, zuletzt in der Vorwoche, und der "Don Giovanni" hielt sich immerhin von 1972 bis 2005 im Repertoire.

Zeffirelli soll am Hauptfriedhof Porte Sante in Florenz beerdigt werden - in der Stadt, in der er am 12. Februar 1923 zur Welt gekommen war. Im römischen Rathaus soll Zeffirellis Sarg aufgebahrt werden. Erwartet wird, dass Tausende Menschen sich von Zeffirelli verabschieden werden.

Text: APA, Audio: ORF