ORF/ISABELLE ORSINI-ROSENBERG
Kali - Schwarze Göttin der Hindus
Hinreißend abstoßend wird sie beschrieben - mit einer Kette aus Menschenköpfen um den Hals, einem Gürtel aus abgeschlagenen Gliedmaßen und herausgereckter Zunge. Sie tanzt auf dem Leichnam des Hindu-Gottes Shiva und es heißt, ihr Geheul durchdringt den ganzen Kosmos.
10. Juli 2019, 10:30
Kali gehört zu den sogenannten wilden Göttinnen der Hindu-Traditionen. "Diese Göttinnen tendieren zur Unabhängigkeit von männlichen Gottheiten und konnten sich zu großen Göttinnen entwickeln", erklärt die Religionswissenschafterin Birgit Heller.
Kali bedeutet "Die Schwarze", ihre Haut ist schwarz oder blau. Sie ist aber nur vordergründig die Schreckliche, die wütende Zerstörerin. Für alle die sie verehren ist sie auch die liebende, gütige Mutter. "Diese Seite kommt auch immer wieder in den Bilddarstellungen und Texten zum Vorschein", meint Birgit Heller.
Kali repräsentiert eine spezifische Form der Shakti. In den Hindutraditionen bezeichnet diese Form die weibliche, personifizierte, göttliche Energie, die die Wirklichkeit als Ganzes umfasst und alle Gegensätze in sich vereint.
Im 19. Jahrhundert war Kali ob ihres beschriebenen Charakters ein wichtiges Symbol im indischen Nationalismus und Unabhängigkeitskampf. Darüber hinaus haben sie indische und westliche Feministinnen vor einigen Jahrzehnten als eine Quelle der Ermächtigung und Befreiung vom Patriarchat entdeckt. Für viele Hindus ist sie einfach Kali ma, die göttliche Mutter, die sie mit inbrünstiger Hingabe verehren und als liebevoll und barmherzig beschreiben.