Symbolische Darstellung der Gottheit Aton

ORF/ISABELLE ORSINI-ROSENBERG

Aton - Sonnengott der Ägypter

"Du erscheinst schön im Horizonte des Himmels, du lebende Sonne, die zuerst lebte. Du gehst auf im östlichen Horizonte und füllest jedes Land mit deiner Schönheit. Du bist schön und groß und funkelst und bist hoch über jedem Lande. Deine Strahlen, die umarmen die Länder, soweit du nur etwas geschaffen hast."

Der Sonnengesang des Echnaton huldigt dem einen Gott, der Sonne, dem Licht. Der Pharao Echnaton ging in die Geschichte als revolutionärer Geist ein. Zu seiner Zeit, im 14. Jahrhundert vor der Zeitrechnung, blieb in Ägypten politisch wie religiös kein Stein auf dem anderen. Es kam zum Bruch mit den Priestern und den bereits seit tausend Jahren verehrten Göttern. Echnaton ließ Tempel für den Sonnengott Aton und eine völlig neue Stadt auf dem Reißbrett entwerfen - mit der Argumentation:

"Es wurde ihm von Aton selbst offenbart. Der Auftrag kommt aus einer tiefen, persönlichen Beziehung des Pharaos mit dem Gott. Diese Abgrenzung gegen die Priester und Beamte des Amun-Tempels könnte auch politisch motiviert gewesen sein", sagt der Religionswissenschaftler Wolfram Reiss von der Universität Wien.

Echnaton übte Druck aus, um seine Vorstellung einer neuen, monotheistischen Religion durchzusetzen. Er entsandte Steinmetze in das ganze Reich, um die Spuren der früheren Götterwelt zu tilgen. Die Priester des Amun wurden entmachtet. Aton wurde die neue Erscheinungsform, des schon lange verehrten Sonnengottes.

Echnaton stellte sich und seine Familie - also Nofretete und die Kinder - ins Zentrum des Kultes. Ob Amun, Osiris oder Isis - bei ihm gab es keine Bezüge mehr zu anderen Göttern.

Ob Echnatons Eingottglaube den Monotheismus Israels' beeinflusst haben könnte, bleibt spekulativ. Zwar war keine 50 Jahre nach Echnatons Tod jede Spur des damals revolutionären Aton-Glaubens wieder beseitigt und die alte ägyptische Götterordnung wiederhergestellt. Aber, fügt Wolfram Reiss hinzu: "Was einmal gedacht worden ist, geht meistens nicht unter, sondern lebt weiter."

Übersicht