"Masurca Fogo" - Tanzende Paare

Zerren Aydin-Herwegh

Masurca Fogo

Szenen aus Lissabon von Pina Bausch

Zehn Jahre nach dem Tod der Grande Dame des zeitgenössischen Tanzes gastiert ihr Tanztheater Wuppertal ab Dienstag mit "Masurca Fogo" am Wiener Burgtheater. Doch wie lässt sich Pina Bauschs Erbe verwalten?

Morgenjournal | 16 07 2019

Sebastian Fleischer

Um das Leben zu feiern, braucht es nicht viel: In einer Szene des Stücks "Masurca Fogo" reicht ein kleiner Holzschuppen, in den sich das Ensemble hineinzwängt und dort fröhlich tanzt. Ein Mann lässt sich hochheben, um eine wesentlich größere Frau zu küssen, dann wieder ziehen ineinander versunkene Paare mit minimalistischen Tanzschritten über die Bühne - vereint und einsam zugleich. Im Hintergrund: ein erstarrter Lavastrom. Um Liebe und Lebenslust unter manchmal widrigen Umständen geht es in Pina Bauschs "Masurca Fogo".

Fröhlich und traurig zugleich

"Lissabon hat eine unglaubliche Energie und zugleich Traurigkeit. Beides findet sich ja auch in der Fado-Musik wieder", sagt Daphnis Kokkinos, der 1993 zum Tanztheater Wuppertal stieß und fünf Jahre später bei der Uraufführung von "Masurca Fogo" mitwirkte. Das Stück sucht das Poetische im Alltäglichen - und ist somit ein typisches Pina-Bausch-Werk.

"MasurcaFogo" - Ruth Amarante

Laszlo Szito

Auf Einladung der Expo und des Goethe-Instituts Lissabon recherchierte das Ensemble damals drei Wochen lang in der portugiesischen Hauptstadt, hat mit Menschen in Cafés und ihren Wohnungen gesprochen und die privaten und öffentlichen Facetten der Stadt kennengelernt. Kokkinos: "Wir haben Stierkämpfe gesehen, Tänze und Märkte auf der Straße - also das pure Leben kennengelernt."

Zwanzig Jahre später sind freilich längst nicht mehr alle von damals dabei. Für die Wiederaufnahme in Wien wurden viele Rollen mit neuen Tänzerinnen und Tänzern besetzt, die sich Fremderlebtes aneignen müssen. Einige haben auch die künstlerische Leiterin Pina Bausch nicht mehr erlebt, die die Stücke in engem Austausch mit ihrem Ensemble entwickelte.

Pina Bausch

Wilfried Krüger

Pina Bausch

Familie ohne Oberhaupt

"Pina Bausch war eine Frau mit großer Intuition", sagt Julie Shanahan, seit 31 Jahren Teil des Tanztheaters Wuppertal. "Und mit dieser Art Menschlichkeit und Intuition geben wir auch ihre Arbeit weiter. Wir heben sie nicht auf das Podest, sondern brechen sie auf das Menschliche herunter."

Die Erfahrung aus der Arbeit mit der großen Choreografin ermöglichte es dem Ensemble überhaupt erst, nach ihrem Tod weiterzumachen. Doch Intendanzen und Geschäftsführungen wechselten häufig - als Familienoberhaupt konnte sich noch niemand behaupten. Viele langjährige Mitglieder wie Daphnis Kokkinos sehen im Tanztheater Wuppertal nämlich genau das: eine eng zusammenhaltende Familie.

"Viele haben in der Kompagnie sogar Familien gegründet. Mit manchen tanze ich seit 20, 30 Jahren zusammen. Wir tun unser Bestes für diese Kompagnie, für Pinas und unsere Arbeit." "Masurca Fogo" ist ein Ergebnis dieser Arbeit - zu sehen bis Freitag beim ImPulsTanz-Festival.

Service

Das Tanztheater Wuppertal gastiert am 16., 17., 18. und 19. Juli bei ImPulsTanz im Wiener Burgtheater. Beginn ist jeweils um 21 Uhr.
Pina Bausch