Salvador Mallo (Antonio Banderas)

STUDIOCANAL / El Deseo 2019

Leid und Herrlichkeit

Antonio Banderas als Almodovars Alter Ego

Am 25. September wird der spanische Regisseur Pedro Almodovar 70 Jahre alt. Nicht zufällig in ähnlichem Alter befindet sich die Hauptfigur in Almodovars neuem Film "Leid und Herrlichkeit" (Originaltitel: "Dolor y gloria") - ein Filmregisseur in einer körperlichen und psychischen Krisensituation. Antonio Banderas, der schon vor seiner Hollywood-Karriere mit Almodovar zusammengearbeitet hat, spielt diesen Regisseur und wurde dafür heuer bei den Filmfestspielen in Cannes mit dem Preis für den besten Hauptdarsteller ausgezeichnet.

Morgenjournal | 22 07 2019 | "Leid und Herrlichkeit"

Arnold Schnötzinger

Wenn sich der Filmregisseur Salvador auf den Boden kniet, muss er sich einen Polster unterlegen. Wirbelsäulenprobleme! Zudem Tinnitus, Asthma, Migräne und Depressionen. Salvador ist alt geworden, und weil auch seine künstlerische Inspiration am Boden ist, hat er viel Zeit zum Nachdenken, zum Aufräumen seiner Vergangenheit in der Gegenwart.

Kindheit voller Entbehrungen

Salvador besucht nach 32 Jahren einen Schauspieler, mit dem er im Streit auseinanderging, dann die nicht immer leichte Beziehung zur geliebten Mutter, die Wiederbegegnung mit einem Mann - einer großen Liebe - vor langer Zeit, die Erinnerungen an eine Kindheit voller Entbehrungen in der südspanischen Provinz. Die Parallelen zur Biografie von Pedro Almodovar sind offensichtlich, dennoch warnt der spanische Regisseur vor allzu eindeutigen Schlüssen: "Vieles davon ist eben doch fiktional."

Eltern mit Kind und viel Gepäck

Der kleine Salvador Mallo (Asier Flores), Mutter Jacinta (Penélope Cruz) und sein Vater (Raúl Arévalo)

Studiocanal / El Deseo 2019 / Manolo Pavón

Kulturjournal | 26 07 2019 | Filmkolumne
Filmregisseure und ihre Alter Egos
Von Alfred Hitchcock weiß man, dass er gerne eigene unterdrückte Obsessionen und Leidenschaften in diversen Figuren über Umwege seiner Kinofilme ausgelebt hat, etwa ein idealisiertes Frauenbild in "Vertigo", verdeckte Herrschsucht und Machtansprüche in "Marnie". Dafür hat Hitchcock diverse Alter Egos kreiert und um den persönlichen Touch seiner Filme zu unterstreichen sich selbst auch immer wieder Gastauftritte genehmigt. Auch der spanische Regisseur Pedro Almodóvar verpasst sich in seinem neuen Film "Leid und Herrlichkeit" ein sehr persönliches Ebenbild, einen von Antonio Banderas gespielten Filmregisseur, dem die Macken des Alters physisch und psychisch zu schaffen machen.

Arnold Schnötzinger

Leben in Möglichkeitsform

Eine rein biografische Lesart von "Leid und Herrlichkeit" wäre ohnehin nur mäßig spannend, erst die Erweiterung dieses Lebens in die Möglichkeitsform macht den Film zu einer mit- und hinreißenden Angelegenheit; Autofiktion ist dabei das Stichwort. Hauptdarsteller Antonio Banderas erklärt, was es damit auf sich hat: "Dein Leben besteht auch aus Begebenheiten, die nicht passieren, aber passiert sein könnten, also Dinge, die man nie getan hat, aber hätte tun können, die man nicht gesagt hat, aber sagen hätte können."

Nie sentimental!

Kunstsinnigkeit und Leidenschaft, aber genauso Schmerz und Dunkelheit, Erfolg und Zweifel fügen sich hier zusammen, es gilt die Vielfalt eines Lebens im Kino zu erspüren. Vielleicht manchmal nostalgisch, aber nie unangemessen sentimental sucht Pedro Almodovar nach Vergebung und Versöhnung. "Ohne Film ist mein Leben sinnlos", lässt er seinen Salvador - dieses Alter Ego - einmal sagen und damit ist Almodovar dann doch wieder ganz bei sich selbst.

Salvador Mallo (Antonio Banderas) und Mercedes (Nora Navas)

Studiocanal / El Deseo 2019

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger