Blick ins Fleckenbuch

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Diagonal

Gekommen, um zu bleiben - der Fleck

Machen Sie mit uns eine extra-reinliche, eventuell neurotische, aber dann auch durchaus dringliche Tour-de-Tache. Hinein ins kunstvolle Fleck-Entfernungs-Wesen.

Der Fleck ist nicht nur im Haushalt oder im Mordfall ein lästiger Alltags-Horrui, sondern auch in anderen Lebenslagen - in Kunst oder Politik etwa. Das wussten insbesondere der Wiener Fachschullehrer Ingenieur Leo Jenko und der Fachschuldirektor und gerichtlich beeidete Sachverständige und Schätzmeister für Detachieren, Eduard Kopf, in ihrem atemberaubend spannenden Buch: "Das Entfernen von Flecken aus Geweben (Kunstdetachieren)". Die zweite Auflage war bereits 1933 erschienen. Sucht man das Buch heute, findet man es bis zur fünften Auflage. Regierungsrat Dr. Rudolf Bernhart, Fachinspektor für gewerbliche Fortbildungsschulen schrieb 1933 zum Geleite:

Das Erkennen der Flecke ist eine der wichtigsten Aufgaben des Detacheurs, von deren richtigen Lösung direkt der Erfolg abhängt. Dass dies nicht immer möglich ist, beweisen die folgenden Ausführungen ...

Befleckungen jedweder Art listen die beiden Detacheure Jenko und Kopf in ihrem 240 Seiten starken Buch akribisch auf. Und man möchte gar nicht glauben, wie mannigfaltig Flecke auftreten können. Ganze Dramen erwachsen sich daraus - je nach Gewebeart.

In dem Buch prangern sie "pfuscherhaftes Vorgehen bei der Entfernung von Flecken" an, die Flecken nämlich dergestalt verändern würden, dass sie "häufig auch für den Fachmann nicht mehr zu erkennen" wären. Das Inhaltverzeichnis ihres Buches führt 176 verschiedene Fleckarten und deren kunstvolle Entfernung an.