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Film
"Little Joe" von Jessica Hausner
In ihrem Film "Lourdes" war es 2009 das Geschäft mit Religion, eine Geschichte der Heilung und des Glaubens an Wunder, von dem Jessica Hausner erzählt hat. In "Little Joe", dem ersten englischsprachigen Film der Wiener Filmemacherin, ist es nun das Geschäft mit dem Glück, das sie zwischen Genlabor, Kinderzimmer und subtilem Horror hinterfragt.
16. Jänner 2020, 12:47
"Little Joe" erzählt von einer alleinerziehenden Gentechnikerin, die eine Zierpflanze entwickelt, die glücklich machen soll. Die aber nach und nach auch zu schleichenden Verhaltens- und Bewusstseins Änderungen bei Menschen und Tieren führt. Hauptdarstellerin Emily Beecham ist in Cannes, wo der Film heuer im offiziellen Wettbewerb seine Weltpremiere hatte, mit dem Schauspielpreis ausgezeichnet worden.
Mittagsjournal | 25 10 2019 | "Little Joe"
Es ist ein Glücksversprechen in Rot, das da leuchtend im Gewächshaus steht. Eine Gentechnikerin hat eine Blume entwickelt, die glücklich machen soll. Doch spätestens, wenn die Blume das erste Mal ihre Pollen ausstößt, streut Jessica Hausner Zweifel in das Glücksversprechen. Andere Züchtungen im Glashaus gehen ein, und schleichend machen sich bei Tieren und Menschen, die mit der Pflanze in Kontakt gekommen sind, Verhaltens- und Bewusstseinsänderungen bemerkbar.
In einem artifiziellen Setting, mit intensiven Farben und eingebettet in einen prägnanten Soundtrack entfaltet Hausner fast kammerspielartig die stark fokussierte Handlung: zwischen den Laborräumen und der Wohnung der Forscherin, die unerlaubt eine Pflanze mit zu ihrem Sohn Joe nimmt. Gemeinsam geben sie ihr den Namen: "Little Joe".
"Je fröhlicher das Setting, desto absurder die Angst, die in der Ecke lauert" Jessica Hausner
Hausner spielt mit Genreversatzstücken und stellt zwischen vorsichtig eingepflanzten Horror- und Psychothriller Elementen die Frage nach dem Glück. Was es bedeutet glücklich zu sein oder zu lieben, und was dafür in Kauf genommen wird. Und mit der Mutter-Kind-Beziehung im Zentrum dieser manchmal märchenhaft anmutenden Versuchsanordnung, hinterfragt Hausner auch tradierte Vorstellungen von Geschlechterrollen und Mutterschaft.
APA/GEORG HOCHMUTH
Ich erzähle die Stelle unseres Lebens, an der wir fremdbestimmt sind - nicht individuell und echt.
Kulturjournal | 28 10 2019 | Jessica Hausner im Gespräch
Während sich die Anzeichen für Nebenwirkungen verdichten steigt der Druck der Geschäftsführung: Die Blumenmesse naht und wie es im Filmtitel heißt: Glück ist ein Geschäft. Die Gentechnik habe sich als Wissenschaftszweig aufgedrängt, weil er sehr kontroversiell diskutiert werde, so Hausner. Die Vorteile in manchen Bereichen seien unbestritten. Dann habe man aber die nachteiligen Effekte, die nicht einkalkuliert oder beabsichtigt waren, so Hausner. "Und jetzt kann man abwägen, an welcher Stelle forsche ich nicht weiter."
FILMLADEN VERLEIH
Während sich die Pollen von "Little Joe" verbreiten, bleibt die Spannung zwar im Gewächshaus, dafür rücken die Konflikte der Figuren zwischen Wissenschaft und Privatleben, immer weiter in den Fokus. Und wie einen dünnen Blumenstiel bricht Jessica Hausner dann mit Ironie den dystopischen Blick in die Zukunft der Gentechnik und steuert auf ein offenes Ende zu. Das Glück als Idee, die jeder und jede für sich definieren muss.