
APA/BURGTHEATER/MATTHIAS HORN
Theater
"Don Karlos" am Burgtheater
"Don Karlos" von Friedrich Schiller hat heute am Wiener Burgtheater Premiere. Diese Regiearbeit von Bugtheaterdirektor Martin Kusej ist eine weitere Übernahme aus dem Residenztheater München.
1. Dezember 2019, 02:00
Morgenjournal | 31 10 2019
Familienfehde auf finsterer Bühne
Auf einer fast finsteren Bühne kämpft König Philipp II. mit seinem 23-jährigen Sohn Karlos, der von seiner alten Liebe zu Elisabeth von Valois nicht lassen kann, die inzwischen mit seinem Vater verheiratet ist. Rund um dieses royale Familiendrama herrscht eine Atmosphäre von Verschwörung und Verrat.
Friedrich Schiller schrieb das Stück am Vorabend der Französischen Revolution und zeigte darin schon mehrere Jahre vor der Erfindung des Tugendterrors in Paris die Schattenseiten der revolutionären Moral auf. Am Ende siegt eine Macht aus dem Hintergrund. Für Martin Kusej zeigt dieses Stück, dass jedem Vernunftideal auch ein Gewaltmoment innewohnt.

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Wenn Idealismus zu Ideologie wird
"Wenn Idealismus zu Ideologie wird und dann eine ganz andere Kraft entwickelt, eventuell sogar eine Gegenkraft. Dann heißt das dialektisch gedacht: Nach der Revolution kommt die Konterrevolution und alles fängt von vorne an." Martin Kusej teilt den Pessimismus Friedrich Schillers und sieht gegenwärtig in Europa die Freiheit im Rückzug begriffen.
"Ja, ich bin geradezu entsetzt, dass in den letzten 15 Jahren viele von dem, was die Menschheit bereits erreicht hatte, an individueller und gesellschaftlicher Freiheit, wieder verloren geht. Man macht dieselben Fehler immer wieder."
Freiheiten gehen wieder verloren
Kusej nennt konkret den Datenschutz, der noch vor 20 Jahren intensiv diskutiert wurde und meint, dass heute viele Menschen bedenkenlos ihre Daten an Internet-Anbietern aushändigen würden. Weiters führt er als Beispiele die Emanzipation der Frau und die Pressefreiheit an. Diese Errungenschaften kampflos aufzugeben, sei aber kein Weg, meint Kusej.
"Man muss etwas tun!"
Martin Kusej
"Man muss was tun!", sagt Martin Kusej. "Das ist vielleicht wieder ein neuer Idealismus. Man muss sich wehren, sogar über das Wissen hinaus, dass wir die ewige Wiederkehr der Unfreiheit erleben werden. Grabbe hat da einen schönen Satz gesagt: ‚Nichts als die Verzweiflung kann uns retten.‘ Das trifft genau meine Herangehensweise an dieses Thema."
Man hört nichts, sieht nichts, versteht nichts - und trotzdem ist das ein starker Theaterabend so lautete das Resümee in der "Süddeutschen Zeitung" nach der Premiere 2018 am Münchner Residenztheater.