MARKUS SEPPERER
Zeit-Ton
Abschiedskonzert des Ensembles die reihe
Das von Friedrich Cerha und Kurt Schwertsik 1958 gegründete Ensemble die reihe war maßgeblich daran beteiligt, dass ein breites Publikum sich im Wien des 21. Jahrhunderts der neuen Musik zuwandte. Es war damals das erste Ensemble für Neue Musik in Wien. Mittlerweile sind es geschätzt rund 30.
12. Dezember 2019, 23:00
Zeit-Ton | 11/12 11 2019, 23:03
Im Rahmen von Wien Modern 2019 gibt die reihe ihr Abschlusskonzert mit einem Programm mit Werken von Edgar Varèse, Anton Webern und Kurt Weill, die erstmals von dem Ensemble nach dem zweiten Weltkrieg auf die Bühne gebracht wurden. Ein Abschied, ein Blick zurück und nach vorne, ausgeschmückt mit Hinweisen aus erster Hand an die jüngere Generation, wie sich mit einer künstlerischen Initiative die Welt verändert lässt.
"Die Konzerte waren eine Schlacht für die Gegenwart." Friedrich Cerha
In den späten 1950er Jahren war die Wiener Musikwelt im Wesentlichen stockkonservativ; gleichzeitig hungerten progressive Kreise nach Information über all das Neue, das ihnen seit dem Nationalsozialismus entgangen war. In diesem Klima gründeten die Komponisten Friedrich Cerha und Kurt Schwertsik die reihe. Von Anfang an präsentierte das Ensemble - ohne Avantgarde-ideologische Scheuklappen - ein breites Spektrum an aktueller und klassisch moderner Musik, von Schönberg und Webern bis Kurt Weill, von Boulez bis John Cage.
MARKUS SEPPERER
Mittagsjournal | 02 11 2019 | die reihe nimmt Abschied
Dorothee Frank
Mit Trillerpfeifen gerüstet
Gleich im ersten Jahr der reihe, 1959, ereignete sich ein legendäres Skandalkonzert im Mozartsaal des Konzerthauses. Beim Klavierkonzert von John Cage saßen die Ensemblemusiker unter den Zuschauern, der Dirigent Kurt Schwertsik markierte mit rudernden Armbewegungen eine lebendige Uhr. Friedrich und Gertraud Cerha erinnern sich: "Gelächter, Schreie 'Aufhören', Tür-Zuschlagen - ein einziger Tumult. Die Leute sind schon gerüstet mich Trillerpfeifen hingegangen, weil sie wussten, da wird irgendetwas passieren."
"In Wien hat sich herumgesprochen, dass die Musiker nicht ganz bei Trost sind."
HK Gruber
MARKUS SEPPERER
Im Publikum saß damals auch der Komponist Heinz Karl Gruber: "Die Kriminalpolizei ist gekommen, da der Tubist mit einer Pistole in die Tuba geschossen hat." Später, ab 1983, leitete Gruber die reihe. Die Tumulte an jenem Abend waren nicht typisch für die reihe-Konzerte, die ein eingeschworenes Stammpublikum hatten.
Kulturjournal | 04 11 2019 | Erinnerungen an sechs Jahrzehnte die reihe - mit dem Ehepaar Cerha, HK Gruber und Kurt Schwertsik
Dorothee Frank
MARKUS SEPPERER
Friedrich Cerhas erster Bittgang um Subventionen endete mit der Äußerung eines Ministerialrats, "Da könnt ja jeder Würstelverkäufer kommen". Man spielte jahrelang um ein Butterbrot, und wurde zugleich international stark wahrgenommen und viel eingeladen. Die reihe rekrutierte sich aus sechs großen Wiener Orchestern; einschließlich des heutigen RSO Wien.
Als dann Ensembles wie das Klangforum Wien auf den Plan traten, die sich ausschließlich neuer Musik widmen, begann die reihe etwas in den Hintergrund zu treten. Beim Abschiedskonzert dirigierte Heinz Karl Gruber einerseits Klassiker des reihe-Repertoires - etwa von Varèse und Webern; andererseits eine Kurt-Schwertsik-Uraufführung.