Miles Davis

AP/TON POUW

Kino

"Birth of the Cool" - Hommage an Miles Davis

Kaum ein anderer Musiker hat die Geschichte des modernen Jazz so sehr geprägt wie Miles Davis. Vom Bebop der 40er Jahre bis zur Vereinigung von Jazz und Rock ab den 70ern - er war der große Erneuerer an Trompete und Flügelhorn. Der Dokumentarfilm "Miles Davis - Birth of the Cool" zeichnet das Leben des Musikgenies nach.

Morgenjournal | 03 01 2019

Sebastian Fleischer

Die Musik, sie habe stets wie ein Fluch an ihm gehaftet, erklärt Miles Davis rückblickend. Ein Schauspieler leiht ihm seine raue Stimme, während man Davis als jungem Mann beim Schattenboxen zuschaut. Doch lange hält sich der Film nicht mit solchen metaphorischen Szenen auf - gilt es doch, alle Durch- und Umbrüche, Zäsuren und Abstürze des Musikgenies in zwei Stunden zu packen.

Sanktus der Familie

Der US-amerikanische Filmemacher Stanley Nelson hat sich schon mehrmals als Chronist der afro-amerikanischen Geschichte bewährt: für seine Doku "Freedom Riders" wurde 2012 mit dem Emmy Award ausgezeichnet. Nachdem er sich bei Miles Davis' Familie den Sanktus für eine Doku geholt hatte, machte man sich auf die Suche nach Foto- und Filmmaterial, das den Musiker auch abseits der Bühne zeigte.

"Wir haben viel Material bei Miles‘ gutem Freund, dem Illustrator Corky McCoy gefunden", sagt Nelson. "Vor allem Home-Videos im 16-mm-Format, also in guter Qualität. Und wir haben abertausende Fotos von Miles."

Diese sowie Musikmitschnitte aus den vielen Studio-Sessions arrangiert Nelson in "Miles Davis - Birth of the Cool" zu einer rastlosen und doch stimmungsvollen Chronologie: Beginnend mit Davis‘ Jugend in einem vermögenden Elternhaus in East St. Louis, geht es über eine gescheiterte Liebschaft mit Juliette Gréco im Nachkriegs-Paris und die ersten großen Erfolge in New York weiter zu legendären Veröffentlichungen wie "Kind of Blue", die ihn endgültig zur Ikone machten.

Cool, unberechenbar, gewalttätig

Zu Wort kommen neben Jazzexpertinnen und Autoren berühmte Kollegen wie Herbie Hancock, Wayne Shorter und Quincy Jones, oder seine Ex-Gattinnen Betty Davis und Frances Davis. Mit letzterer führte der Musiker die längste seiner zahlreichen Beziehungen - die Personifizierung des coolen Musikers und die wunderschöne Tänzerin - ein Traumpaar in Hollywood-Manier. Allerdings war da auch der alkohol- und drogenabhängige Miles Davis, der unberechenbare Charakter, der auch vor häuslicher Gewalt nicht zurückschreckte, wie Frances Davis im Film zu berichten weiß.

Wie sich Miles Davis unter dem Eindruck der Rockbands, die Stadien füllten, Ende der 60er-Jahre der Rockmusik zuwandte, und welchen radikalen - auch äußerlichen - Wandel er ab dann vollzog, bis hin zu seinem körperlichen Verfall und letzten Comeback - das führt "Birth of the Cool" drastisch und bilderreich vor Augen. Neue Aspekte fördert der Film darüber hinaus nicht zutage, sondern schreibt als klassische Musikchronik den Mythos Miles Davis fort. Lust auf einen baldigen nächsten Besuch im Plattengeschäft macht er aber allemal.

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