Verschiedene Frauen blicken skeptisch

2019 PANDA FILM

Les invisibles

"Der Glanz der Unsichtbaren" im Kino

In Frankreich leben neun Millionen Menschen unter der Armutsgrenze und rund vier Millionen gelten als obdachlos; Sozialzentren sind oft der einzige Zufluchtsort dieser Obdachlosen jenseits der Straße. Eine Tagesstätte für Frauen im Norden Frankreichs hat sich der französische Regisseur Louis-Julien Petit für seinen Film "Der Glanz der Unsichtbaren" genauer angesehen, und dort das schauspielerische Potenzial einiger obdachloser Frauen entdeckt.

Morgenjournal | 18 02 2020

Arnold Schnötzinger

Sie nennen sich Lady Di, Brigitte Macron, Cicciolina, Salma Hayek und Edith Piaf, doch im Gegensatz zum Glanz dieser Namen haftet dem Leben der obdachlosen Frauen im Sozialzentrum L'Envol in Nordfrankreich keinerlei Glamour an. Oft schämen sie sich, wollen eben anonym bleiben. Und ihr Schicksal zeigt, Obdachlosigkeit ist ein schichtübergreifendes Problem.

"Starke Persönlichkeiten"

Rund ein Dutzend dieser Frauen hat der französische Regisseur Louis-Julien Petit in seinem Film "Der Glanz der Unsichtbaren" (Originaltitel: "Les invisibles") ausgewählt, um ihren Alltag, ihre Geschichte und ihre Geschichten, aus der Anonymität heraus ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen. "Ich habe dabei vor allem nach starken Persönlichkeiten gesucht, die bereit waren sich zu öffnen", meint Louis-Julien Petit.

Bürokratischen Schikanen

Als Spielfilm mit stark dokumentarischen Akzenten verfolgt Regisseur Petit die Bemühungen der obdachlosen Frauen wie der Sozialarbeiterinnen, um Reintegration in die Gesellschaft. Dabei sind sie mit allerlei finanziellen, legistischen und organisatorischen Problemen konfrontiert, mit der Zwangsräumung eines Übernachtungscamps durch die Polizei und mit bürokratischen Schikanen. Und dann lastet noch der Druck der Erfolgsquote: Bei nur vier Prozent Wiedereingliederung droht der Betreiber der Tagesstätte den Geldhahn abzudrehen.

Hommage an Sozialarbeiterinnen

Doch man wehrt sich gegen die Selbstaufgabe, zum Beispiel mit einer Art Speeddating der Frauen mit möglichen Arbeitgebern. Immer wieder hebt der Film auch das komische Potenzial des Stoffs, eine Art Situationskomik, die vor allem im organischen Zusammenspiel der Laiendarstellerinnen entsteht. Die titelgebenden "Unsichtbaren" - damit sind nicht nur die Obdachlosen gemeint, die eine Gesellschaft oft nicht sehen will, sondern auch die Sozialarbeiterinnen selbst. Besonders vor deren Engagement, ihrer Hartnäckigkeit und ihrem Improvisationstalent verneigt sich der Film, indem er sie sichtbar macht.

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger