Passanten, Wien 1945

ÖNB

Apropos Oper

Zur Probe zu Fuß

Vor 75 Jahren - Opernneubeginn mit Wolfgang Amadeus Mozarts "Figaro.

Der Zweite Weltkrieg war offiziell noch nicht zu Ende, als die Wiener Staatsoper inmitten von Ruinen am 1. Mai 1945 wieder ihren Spielbetrieb aufnahm. Das weltberühmte Opernhaus am Ring war nur wenige Wochen zuvor, im März 1945, durch Bomben zerstört worden, und mit ihm auch der größte Teil des Fundus. Die Volksoper am Währinger Gürtel war aber relativ unversehrt geblieben - und ebendort ist vor 75 Jahren erstmals nach dem Krieg Wolfgang Amadeus Mozarts "Figaro" erklungen.

Blick im Oktober 1945 auf die Oper über die, durch einen Bombentrichter zerstörte, Rampe der Albertina.

Blick im Oktober 1945 auf die Oper über die, durch einen Bombentrichter zerstörte, Rampe der Albertina.

ÖNB

Trotz widriger Umstände gelungen

In den Lebenserinnerungen von Josef Krips kann man lesen: "Die Oper war seit 1944 gesperrt, alle Sänger und Musiker aus dem Geleise, viele noch gar nicht in Wien. Und was für ein schweres Leben. Niemand hatte Kohle zum Heizen, man schlief in kalten Zimmern. (…) Wir hatten keinen Strom, und noch lange Zeit fuhr keine Elektrische, kein Autobus, und von einem Auto war keine Rede. Man musste zu Fuß zur Arbeit gehen und wusste nicht bei allen Gefahren, die eine Fronttruppe eben mit sich bringt, ob man abends überhaupt wieder nach Hause käme oder unterwegs verhaftet würde. So marschierte ich täglich von Döbling zu Fuß ins Konzerthaus, wo die ersten Proben stattfanden. In der Volksoper mussten noch kleinere Schäden repariert werden."

Trotz all dieser vollkommen widrigen Umstände ist es gelungen, innerhalb kürzester Zeit ein Ensemble zusammenzustellen und eine Opernproduktion auf die Bühne zu bringen. Unter der Leitung von Josef Krips wurde das gräfliche Paar im "Figaro" mit Hilde Konetzni und Alfred Poell besetzt, Susanna und Figaro waren Irmgard Seefried und Alois Pernerstorfer - und als Cherubino war Sena Jurinac, bald ein großer Star des Staatsopernensembles, zu erleben.

Jeden zweiten Tag wurde "Figaro" gespielt

Bis zum 15. Mai wurde jeden zweiten Tag Mozarts "Figaro" gespielt, dann wurde das Repertoire mit Giacomo Puccinis "La Bohème" ergänzt (mit Sena Jurinac als Mimi und Anton Dermota als Rodolfo). Alfred Jerger inszenierte; der der Staatsoper seit den frühen 1920er Jahren verbundene Bassbariton war in den ersten Wochen des Opernneubeginns als kommissarischer Leiter der Oper eingesetzt worden.

Erst im Juni 1945 wurde Franz Salmhofer zum Direktor ernannt, bis dahin war der Spielplan aber bereits um Lortzings Waffenschmied, Rossinis Barbier, die Strauss-Operette "Wiener Blut" - und sogar einen Ballettabend erweitert worden.

Gestaltung