Papst Franziskus

AP/ALESSANDRA TARANTINO

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Die Gegner des Papstes - Franziskus und die Kritik von rechts

Papst Franziskus ist beliebt, aber nicht bei allen. Vor allem in Kreisen pointiert konservativer und traditionalistischer Katholikinnen und Katholiken stößt er auf Kritik. Und der Widerstand sitzt im Zentrum der Kirche.

Die Kurie lässt Initiativen des Papstes ins Leere laufen, Kardinäle kritisieren Franziskus in aller Öffentlichkeit. Aber auch außerhalb vatikanischer Mauern haben sich die Gegner formiert. Konservative katholische Frömmigkeit hat sich mit mächtigen wirtschaftlichen und politischen Interessen verbündet.

Ein Held des konservativ-traditionalistischen Kirchenflügels

Bei der Amazonien-Synode im Oktober 2019 wurde der junge Wiener Alexander Tschugguel zu einem Helden des konservativ-traditionalistischen Kirchenflügels. Zu Beginn der Synode hatte der Papst an einem Ritual in den Vatikanischen Gärten teilgenommen. Dabei wurden Pachamama-Figuren aus Brasilien verwendet - kleine Holzskulpturen, die schwangere Frauen darstellten.

Aus einer katholischen Kirche, in der sie später ausgestellt waren, entwendete Tschugguel diese Figuren und warf sie in den Tiber. Handyfilme von der Tat stellte er ins Internet. Mindestens 40 Millionen Menschen weltweit, sagt er, klickten sie an. Tschugguel sah nach eigener Auskunft in den Figuren heidnische Götzenbilder.

"Traditionell sein heißt, die Unveränderlichkeit der Lehre anzuerkennen."

Du sollst keine Götter neben mir haben, heißt das erste Gebot. Für ihn wurde es zum Handlungsauftrag: die Kirche zu verteidigen, wenn nötig auch gegen den Papst:
„Du sollst dich nicht niederwerfen vor Bildnissen anderer Gottheiten. In den vatikanischen Gärten haben wir genau das gesehen, es haben sich die Leute niedergeworfen vor dem Bildnis anderer Gottheiten. Es wurde etwas zutiefst Heidnisches gemacht. Das Heidnische an sich kann man so definieren: die Verehrung der Schöpfung selbst als Gottheit.“

Tschugguel bezeichnet sich nicht als Traditionalisten, wohl aber als traditionellen Katholiken: „Traditionell sein heißt, die Unveränderlichkeit der Lehre anzuerkennen. Ich erfinde sie nicht, ich anerkenne sie nur.“

Klarheit und Abgrenzung, Verkündigung und Verteidigung dieser als unveränderlich gedachten römisch-katholischen Lehre: Das ist es, was sich Alexander Tschugguel von einem Papst erwarten würde. „Es ist natürlich ein großes Chaos derzeit. Was daran liegt, dass sich der Heilige Vater nie klar äußert. Er äußert sich immer so, dass beide Seiten theoretisch hineininterpretieren können, wobei ich sagen muss, dass bei den eher traditionelleren Katholiken die Hineininterpretiererei eher jetzt aufgehört hat, weil wir uns vom Papst erwarten, dass er den Glauben klar verkündet.“

"Was in die Kirche eingedrungen ist, sind Ideen wie: der Katholizismus ist nicht einzigartig."

Noch schärfer in seiner Kritik ist Taylor Marshall, der Mann, der Alexander Tschugguel in den USA bekannt gemacht hat. „Pacha Dunker“ hat er ihn genannt, „Versenker der Pachamama“ - und den Freund aus Wien zu Vorträgen eingeladen. Marshall lebt in Texas. Er ist katholischer Publizist. Sein jüngstes Buch trägt den Titel: „Infiltration“, Unterwanderung. Untertitel: Die Verschwörung, die Kirche von innen her zu zerstören.

Für Marshall ist Papst Franziskus Teil einer langen Geschichte des katholischen Identitätsverlustes. Geheimgesellschaften und moderne Ideen, sagt er, haben die Kirche seit Jahrzehnten unterwandert: „Was in die Kirche eingedrungen ist, ist das, was wir heute „säkularen Humanismus“ nennen würden. Also Ideen wie: Alle Religionen sind gleich, der Katholizismus ist nicht einzigartig und steht nicht höher als die anderen. Alle Religionen haben es mit demselben Gott zu tun. Eine universale Gleichheit soll geschaffen werden – nicht nur in den Nationen, sondern zwischen allen Menschen. Dazu kommt die Erosion der Moral, vor allem was Sexualität und traditionelle Ehe betrifft, aber auch in Fragen von Scheidung und Wiederverheiratung, Abtreibung und Verhütung.“

Kann ein Papst zu wenig katholisch sein? Einige seiner schärfsten Gegner sprechen ihm sogar das Amt ab. Taylor Marshal dazu:
„Ich sehe, dass Franziskus diese Unterwanderung weiterführt. Ich weiß nicht, inwieweit er selbst daran schuld ist. Ich bete für ihn, faste für ihn und tue Buße für ihn. Aber wenn ich sehe, was er über die Moral sagt, über den Glauben, über die Todesstrafe oder über die vielen verschiedenen Religionen, dann haben wir da ein Problem. Das ist ein Bruch mit der katholischen Vergangenheit. Das sind neue Ideen. Einige glauben, dass Benedikt noch Papst ist, dass Franziskus nicht gültig gewählt ist oder dass er das Papstamt verloren hat wegen falscher Lehren und Häresie. Aber das kann ich nicht beurteilen.“

"Der Papst sorgt sich darum, dass die Kirche dem Evangelium treu ist."

Es gibt viele und durchaus unterschiedliche Motive für eine konservative Papstkritik. Nicht immer, aber häufig, ist sie mit politischen Standpunkten verbunden. Sagt der Vatikan-Journalist Robert Mickens: „Leider haben wir in den USA Katholiken, die eher Unterstützer Donald Trumps sind als Christen. Und der Papst wird kritisiert, weil er das Evangelium predigt.“

Wer sich eine Garantie für unwandelbare katholische Identität und eine ewig gültige katholische Lehre wünscht, der ist bei Papst Franziskus vielleicht tatsächlich an den Falschen geraten. Er mutet seiner Kirche einiges an Veränderung zu. Robert Mickens meint: „Papst Franziskus ist vermutlich der am meisten vom Evangelium geprägte Papst ist, den wir je gehabt haben. Er sorgt sich weniger darum, ob seine Lehre mit einem Dokument übereinstimmt, das vor 15 oder vor 150 Jahren geschrieben worden ist. Er sorgt sich darum, dass die Kirche dem Evangelium treu ist.“

Franziskus wünscht sich eine arme Kirche, eine Kirche als Feldlazarett, eine Kirche, in der die Hirten, wie er sagt, nach Herde riechen, sagt Mickens: „Das bedeutet eine richtige Bedrohung für Menschen – vor allem Männer -, die ihre Identität auf Äußerlichkeiten der katholischen Religion stützen. Das Gewand, das sie tragen, die Häuser, in denen sie wohnen, die Kirchen, in denen sie feiern: Der Papst sagt in der Enzyklika ‚Evangelii gaudium‘: Das alles mag sehr schön sein, aber wenn es nichts beiträgt zur Mission einer Kirche, die das Evangelium verkündet, dann muss es neu bewertet werden. Das macht viele nervös.“

"Es gibt Leute, denen dieser Papst nicht gefällt, sie hoffen, dass er schnell weggeht."

Dass es in der katholischen Kirche einen konservativ-fundamentalistischen oder traditionalistischen Flügel gibt, ist nichts Neues. Nun aber haben verbinden sich religiöse Motive mit politischen und wirtschaftlichen Interessen in der Kritik an Papst Franziskus.

Keiner weiß das besser als Vatikanjournalist Marco Politi, der zuletzt in einem Buch über „Das Franziskus-Komplott“ die Gegner des Papstes minutiös beschrieben hat. „Es hat natürlich auch in anderen Jahrzehnten Polemiken gegeben, über die Pille zum Beispiel, zur Zeit von Paul VI oder auch zur Zeit von Johannes Paul II. Aber diesmal, mit diesem Papst, gibt es wirklich einen Delegitimationsprozess, der von Seiten der Konservativen und der Fundamentalisten in der katholischen Kirche getrieben wird“, so Politi.

Unterschriftenaktionen, offene Kritik durch Kardinäle, Plakataktionen in Rom, warnende Bücher von Bischöfen und Kardinälen. Der Streit ist voll entbrannt, aber es ist nicht nur ein Streit innerhalb der Kirche, analysiert Politi: „Es gibt Leute, denen dieser Papst nicht gefällt, sie hoffen, dass er schnell weggeht, und sie wollen das nächste Konklave manipulieren. Und hier ist der springende Punkt in dieser zweiten Halbzeit des Pontifikats: Dass es heute eine Konvergenz gibt zwischen den kirchlichen konservativen Kräften und ökonomisch-politischen Kreisen, die gegen die soziale Botschaft des Papstes sind.“

Gestaltung: Christian Rathner