Ensemble, African Suite, 2019

Wiener Staatsoper / Asley Taylor

Wiener Staatsoper

Nurejew-Gala: Online-Abschied vom Ballettdirektor

Die Nurejew-Gala zu Ehren des charismatischen Tänzers und Choreografen wurde in den letzten zehn Jahren zum stets zum fulminanten Saisonabschluss des Wiener Staatsballetts. Ausgerechnet die - letzte Ausgabe des scheidenden Ballettdirektors Manuel Legris hätte coronabedingt ausfallen sollen - nun wird sie als Streaming-Event gezeigt.

Nach derartigen Parametern, Gesichts- und Eckpunkten hat Manuel Legris noch keine einzige seiner Aufführungen programmiert, wie er sagt: "Sonst war ich ja immer auf der Suche nach neuen Ideen und Kreationen. Dieses Programm hingegen baut vor allem auf Corona-Maßnahmen, also Nummern, bei denen die Distanz zwischen den Tänzern auf der Bühne stimmt, was schwierig ist im Ballett."

Manche Tänzer, die den Lockdown als Paar zusammen verbrachten, dürfen auch ein Pas de Deux tanzen. Ansonsten gelte: Sicherheit vor künstlerischer Freiheit, so Legris: "Es geht auch um die Botschaft, die wir in die Welt senden. Wir können ja nicht sagen: 'Schaut mal, wir hier in Wien kümmern uns nicht um Corona'. Nein! Die Pandemie ist noch nicht vorbei, wir müssen vorsichtig sein."

Das Beste aus den letzten 10 Jahren

Also setzt Legris kurze Ausschnitte aus den Highlights des letzten Jahrzehnts aufs Programm, das von Klassikern wie "Dornröschen", "Giselle" oder "Manon" bis zur Uraufführung "Creation" des Tänzers und Choreografen Eno Peci reicht - ein Auftragswerk, das die aktuelle Situation zum Ausgangspunkt nimmt. "Er hat mit fünf Tänzern gearbeitet und versucht, die unterschiedlichen Gefühle während der Coronazeit zu zeigen. Manche waren ja freudig, andere fast depressiv. Und ich sah das als schöne Möglichkeit für eine ganz neue Choreografie", so Manuel Legris.

Wiener Staatsoper / Asley Taylor

Nina Poláková in "Artifact Suite"

Für die Zeit des Lockdowns wurden den Mitgliedern des Wiener Staatsballett Tanzböden nach Hause geliefert, um trainieren zu können. Und trotzdem: "Diese Monate waren schrecklich, besonders für die Tänzer - die brauchen Platz, sie müssen springen, schwitzen, zusammen atmen, das konnten wir nicht", sagt der Ballettdirektor, der die Compagnie in den letzten zehn Jahren auf ein neues technisches und künstlerisches Niveau gehoben hat, so die einhellige Meinung der internationalen Kritik.

Technisch und künstlerisch perfektioniert

Er gab dem eigenen Ensemble den Vortritt vor internationalen Gästen, brachte in einem jahrelangen Prozess alle auf ein gleiches Level und ist heute durchaus zufrieden mit der technischen und künstlerischen Leistung seiner Truppe: "Die ersten vier Jahre war ich oft enttäuscht, weil meine Erwartungen immer höher waren als das Ergebnis auf der Bühne. Aber dann machte die Kompanie einen großen Schritt und seit ungefähr drei Jahren kann ich sagen: "Wow, sie sind angekommen. Sie sind dort, wo ich sie hinbringen wollte."

Ballettakademie nun Sache des Nachfolgers

Der Chef kann sich also guten Gewissens und frohen Mutes verabschieden und mit Dominique Meyer an die Mailänder Scala wechseln. Könnte - wäre da nicht der Skandal an der Wiener Ballettakademie, der vor einem Jahr öffentlich wurde, und den Manuel Legris nach wie vor nicht ganz nachvollziehen kann: "Für mich ging das alles zu weit. Ich sage nicht, dass es keine Probleme gab, aber die gibt es doch überall. Wäre es in den letzten zehn Jahren wirklich so schlimm gewesen, hätten mir doch Schüler oder Eltern Beschwerden schicken müssen. Aber ich bekam keine einzige."

Legris-Nachfolger Martin Schläpfer jedenfalls hat bereits eine internationale Expertenkommission zur Untersuchung und detaillierten Aufarbeitung der Missstände eingesetzt.

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