Alte Texte und Notenblätter von Komponist Salomone Rossi.

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Zwischen Fürstenhof und Synagoge

Von den vielen Musikern mit dem Namen „Rossi“ zur Zeit des italienischen Barocks verdient Salomone Rossi, Zeitgenosse von Viadana, Gastoldi und Monteverdi um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert, aus vielerlei Gründen der Erinnerung.

Als jüdischer Geigenvirtuose und Komponist gehört er in der Ära der Kapellmeister Giaches de Wert, Benedetto Pallavicino und Claudio Monteverdi als Musikerkollege zum Hofe der Gonzagas in Mantua. Trotz eines reichhaltigen Oeuvres sind von ihm kaum biografische Daten bekannt. Man setzt seine Lebenszeit in die Epoche zwischen 1570 bis etwa 1630 an, einige Sekundärquellen geben den Geburtstag mit 19. August 1570 an.

1587 beginnt Rossis Arbeit für den Hof von Gonzaga. Er wird zunächst als Sänger und Bratschist tätig. Unter Herzog Vincenzo I. übernimmt er die Leitung der Hofmusik. ". Es ist eine gärende Zeit des Umbruchs, in der diese „Neue Musik“ entsteht – von der Radikalität vielleicht vergleichbar mit der Zwölftontechnik zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die weltliche Musik ist geprägt von Madrigalkompositionen in der Verbindung von vokaler und instrumentaler Musik.

Madrigal von Salomone Rossi - Udite, lacrimosi spiriti d'averno

Als einer der kreativsten Komponisten seiner Epoche entwickelte Rossi die musikalischen Form der "Triosonate“. Bei ihm heißt sie noch „Canzona“, „Sinfonia“ oder „Sonata a 3“. Zwei hohe Stimmen - etwa Violinen, Flöten oder Zinken - werden vom Generalbass (Basso continuo) mit den Instrumenten Laute, Orgel, Cembalo, Chitarrone und Viola da Gamba begleitet.

Trisonate von Salomone Rossi - Sonata quarta sopra l'aria di Ruggiero

Die Aufteilung in Melodie (zwei Soloinstrumente) und Harmonie (Begleitinstrumente des Basso continuo) wird auch durch die Entwicklung des Dur-Moll-Systemes möglich. Die bis dahin dominierenden Kirchentonarten verschwinden mehr und mehr aus der musikalischen Praxis.

Salomone Rossi hat aber vor allem im Bereich der jüdisch-liturgischen Musik seine Spuren bis heute hinterlassen. 1623 wurde eine Auswahl von 33 Psalmen, Hymnen und liturgischen Gedichten publiziert, die für drei bis acht Stimmen gesetzt waren. Damit dokumentieren sich auch jene Veränderungen, die im praktischen Umgang mit Chorwerken in den norditalienischen Synagogen des frühen 17. Jahrhundert vollzogen wurden. Denn die fundamentale Frage lautet: Darf die mehrstimmig gesungene Musik in der Synagoge aufgeführt werden? Der venezianische Rabbi Leone di Modena, selbst Musiker, setzt sich mit dieser Frage auseinander und kommt zum Schluss: „Ja!“ Damit hat Salomone Rossi auch den theologischen Rückhalt, Neues aus der Musik der Zeit in die Synagoge zu bringen.

Salomone Rossi - Baruch haba b'sheim Adonai

Die Verbindung zu Venedig gibt Rossi die Möglichkeit, seine Werke auch drucken zu lassen. Von seinen Madrigalbüchern gibt es Zweit-, Dritt- und Viertauflagen! Ein in dieser Zeit sehr seltenes Phänomen, was auf die Popularität der Werke Rossis rückschließen lässt.

So unbestimmt der Lebenseintritt des Salomone Rossi ist, so wenig wissen wir auch über seinen Tod. Letztlich ist diese Ungewissheit der politischen Situation Mantuas geschuldet. Nach dem Tode Vincenzos II. Gonzaga melden die Habsburger Ansprüche auf das Herzogtum an. Die Pest wütet, Pogrome an Juden werden immer wieder verübt - all das könnten mögliche Ursachen für den Tod Salomone Rossis sein. Heute ist die Musik Salomone Rossis nicht wirklich in üppigem Umfange präsent. Und dennoch gilt es diesen Komponisten in vielen Bereichen erst zu entdecken - nicht zuletzt ob seiner Modernität