Fahrender Rettungswagen

APA/JAKOB GRUBER

Moment Schwerpunkt

Tempo! Leben mit Geschwindigkeit

Die IT-Branche, die Spedition, der Notfall-Sanitäter - die Maxime in vielen Bereichen ist Geschwindigkeit. Immer schneller zu sein als andere kann Segen und Fluch gleichzeitig sein.

Die ersten E-Mails hat er sich noch alle ausgedruckt und in einen Ordner abgelegt. Das war 1994, erinnert sich Markus Knasmüller, Geschäftsführer von BDM Systemhaus, einer Softwarefirma mit 300 Mitarbeitern mit Sitz in Oberösterreich.

Mit 13 war er fasziniert von einem programmierbaren Taschenrechner seines Cousins und bald stand der Entschluss fest, etwas mit EDV zu machen. Hätte man ihm damals gesagt, dass es einmal Smartphones geben werde, die schneller als die größten Rechner seien, hätte er es als Science Fiction abgetan.

Geschwindigkeit in der IT-Branche

Geschwindigkeit und Speicherplatz haben sich dramatisch verändert, seit Konrad Zuse 1941 den ersten programmierbaren Rechner baute, den Z3, einen wandschrankgroßen Apparat. Die Entwicklung seither ist schwindelerregend, sagt Markus Knasmüller. Grundregel in der IT-Branche ist, dass sich die Kapazität der Rechner jedes Jahr verdoppelt. Ein Ende dieser Potenzierung wurde zwar öfters vorausgesagt, ist bis jetzt nicht eingetroffen.

Heute stöhnen wir über den übervollen elektronischen Postkasten. Das Aufräumen, das Lesen, das Beantworten ist zu einem morgendlichen Ritual der Werktätigen geworden.

Die Auswirkungen auf den beruflichen Alltag kann Markus Knasmüller in seinem Unternehmen selbst beobachten. Handy und Mailbox geben den Takt vor, es gibt weniger Ruhezeiten, das traditionelle "Sommerloch", da weniger zu tun ist, sei gänzlich verschwunden.

Lieferdienst auf dem Fahrrad

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Geschwindigkeit im Transportgeschäft

Geschwindigkeit ist auch im Transportgeschäft oberste Maxime. Roman Loschy, Inhaber einer Transport. und Logistikfirma in Wien Favoriten, kennt alle Facetten des Geschäfts. Er hat als LKW-Fahrer angefangen, seit acht Jahren führt er sein eigenes Unternehmen mit 200 Fahrzeugen und 300 Mitarbeitern. Sein Kerngeschäft ist die "Letzte Meile", der Transport vom Spediteur zum Endkunden.

Am Beginn seiner Berufslaufbahn wurden Touren noch manuell geplant, erzählt der 43-Jährige. Heute kann er jeden Schritt einer Lieferung am Computer abrufen, mittels GPS-System weiß er immer wo seine Fahrer gerade sind und ob die Lieferung im geplanten Zeitfenster passiert, die mit den Kunden vereinbart sind.

Wenn es um kleine Lieferungen im Stadtverkehr geht, haben Fahrradboten oft die Nase vorn. Christian Staudinger hat sich so sein Architekturstudium verdient. "Immer stressig, immer Deadlines, man riskiert für einen Buchhaltungsordner sein Leben", erzählt der gebürtige Oberösterreicher.

Büro und Fuhrpark, Chef und Angestellter gleichermaßen. So sind Fahrradboten unterwegs, mit der Kraft der Beine, wagemutig, riskant und CO2-emmisionsfrei. Auf etwa 1.000 Euro Monatsgehalt kann man kommen, sagt Christian Staudinger. Des Geldes wegen macht man diesen Job nicht. Maximal 1.000 Euro im Monat konnte er verdienen, dafür gab es viel Gruppendynamik im Team.

Geschwindigkeit bei der Rettung

Schnell, aber kontrolliert ist man bei der Rettung unterwegs, sagt Julian Raming, Field Officer bei der Wiener Berufsrettung. In dieser Funktion koordiniert er die nötigen Maßnahmen eines Einsatzes. Entscheidungen werden im Team getroffen, nach bestimmten Prinzipien und Schemata, wie dem "10 for 10" Prinzip, ein standardisierter Fragenkatalog in der Notfallmedizin.

Um Probleme, oder Chaos bei einem Einsatz zu vermeiden, wird das gesamte Team zu einer kurzen Unterbrechung (fast) aller Tätigkeiten aufgefordert, um alle Informationen zusammenzutragen, Ideen und gegebenenfalls Bedenken vorzutragen, unabhängig vom Rang der Teammitglieder. Es wird ein Entschluss gefasst und die Ressourcen entsprechend verteilt. Es wird also Geschwindigkeit herausgenommen, um effizienter zu arbeiten.

Der Reiz des Schnellseins

Geschwindigkeit erzeugt im Körper Stresshormone und Glückshormone. Norwegische Neurowissenschaftler haben sogar festgestellt, dass bestimmte Nervenzellen im Gehirn umso aktiver sind, je schneller man sich fortbewegt. Bei einer raschen Abfahrt über unwegsames Gelände muss man sich konzentrieren und präzise sein. Schnelle Hobbys und Sportarten können eine Flucht aus dem Alltag sein, immer wieder aufs Neue herausfordern und sogar entspannen.

Was Geschwindigkeit für Musik- und Tanzprofis bedeutet

"Das Notwendigste und das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo", schrieb Mozart 1777 seinem Vater. Das gilt immer noch für alle Musik- und Tanzbegeisterte, ob Klaviervirtuosin oder DJ, Flamenco-Choreograf oder TikTok-Tänzerin, Radiomoderator oder Musikforscher.

Tempo ,Tempo! Wie schnell können aber MusikerInnen überhaupt spielen? Können sie mit Beethovens verrücktem Metronom mithalten? Ist schneller immer spannender? Wie üben Virtuos/innen der Musik und Tanz die Geschwindigkeit? Was passiert in ihrem Körper, in ihrem Kopf, wenn das Tempo rast? Warum hören Menschen so gerne Musik mit 120 "beats per minute"? Ist die Musik dazu verdammt, immer flotter zu werden? Eine Recherche in verschieden Bereichen des Kulturlebens.

Geschwindigkeit auf der Straße

Bolzen, Rasen, Drängen. Warum wird Schnellfahren auf der Straße für "cool" gehalten? Über das Randphänomen der sogenannten "RoadrunnerInnen" hinaus, die in ihrer Freizeit gerne mal mit Tempo 300 über die Autobahn jagen, gibt es in Österreich einen überdurchschnittlichen Anteil an Fahrern und Fahrerinnen, die für gewöhnlich fünf, zehn oder fünfzehn Kilometer je Stunde über dem Tempolimit fahren. Zu schnelles Fahren gilt als Kavaliersdelikt; die Gefahr dabei wird ignoriert.

Geschwindigkeit und Kochen

Wer keine Zeit fürs Kochen hat, wünscht sich oft ein Kochbuch für "schnelle Küche". In solchen Büchern findet man dann oft einfache Rezepte für das Zubereiten von Gerichten, mit richtigem Kochen hat das in der Regel nichts zu tun. Was also könnte man unter "schneller Küche" verstehen? Die Verwendung von hilfreichen Geräten, frische Zutaten und kurze Kochzeiten, und - kann damit auch ein kulinarischer Anspruch erfüllt werden? Wie lassen sich die Begriffe Geschwindigkeit und Tempo in der Küche umsetzen?