Raum für Geburt und Sinne

ORF/JAKOB FESSLER

Das Objekt der Begierde

Frauenmuseum Hittisau

In der Vorarlberger Ortschaft Hittisau im Bregenzer Wald befindet sich das einzige Frauenmuseum Österreichs. Das 20-jährige Bestehen der Einrichtung wird derzeit mit einer Jubiläumsausstellung zum Thema Geburtskultur gefeiert. Passend dazu wurde bereits im heurigen Juli der "Raum für Geburt und Sinne" - ein Lehmbau etwas abseits des Hauptgebäudes - eröffnet.

Raum für Geburt und Sinne

ORF/JAKOB FESSLER

Raum für Geburt und Sinne

Der neugeschaffene Raum versteht sich als Prototyp für einen neuartigen Geburtsraum und möchte die Sinne der Besucherinnen und Besucher ansprechen. Ein Holzvorbau dient als Eingang zum runden, etwa dreieinhalb Meter hohen Lehmbauwerk mit Kuppel. Im Inneren befinden sich ein erhöhter Liege- bzw. Sitzbereich aus Kalkglätte. Ein von der Decke hängendes Tuch und Holzgriffe an der Innenwand laden zum Ausprobieren unterschiedlicher Geburtspositionen ein.

Lehm als Alleskönner

Die 31-jährige Architektin Anka Dür hat den Raum konzipiert. Sie macht derzeit eine Ausbildung zur Hebamme. In Ländern wie Österreich, die über eine gute, medizinische Versorgung verfügen, sieht sie neue Herausforderungen im Bereich der Geburtskultur: "Nicht im Außen Sicherheit zu finden, sondern im Innen. Die Frauen in ihre Kraft zu bringen."

"Der Raum möchte den Einfluss von Materialität, Architektur und Atmosphäre auf unser Nervensystem erforschen", so Anka Dür. Lehm besitzt eine besondere Materialität und Oberfläche. Er filtert Schadstoffe aus der Luft, reguliert auf natürliche Weise die Feuchtigkeit im Raum und ist geruchsneutral. Verschiedenförmige, in unterschiedlichen Rottönen gehaltene Holzschindeln bilden das Gebäudedach und knüpfen an die traditionelle Bauweise im Bregenzer Wald an.

Ein Kunstobjekt als Vision

Anka Dür möchte mit ihrem Raum eine Alternative aufzeigen, zu jenen Räumen, in denen die meisten Geburten in Vorarlberg derzeit stattfinden. Im ganzen Bundesland gibt es aktuell nur eine einzige Hebamme, die Entbindungen außerhalb von Krankenhäusern begleitet. Geburtshäuser gibt es in Vorarlberg keine mehr. In den 1970er Jahren waren es noch 27 Entbindungsheime.

Anka Dür versteht den Raum nicht nur als architektonisches Experiment, sondern auch als Ort für Visionen und inhaltliche Auseinandersetzungen. Der "Raum für Geburt und Sinne" verfügt derzeit noch nicht über alles, was ein Geburtsraum in der Praxis braucht. Er ist jedoch ein wichtiger Zwischenschritt. Vor dem Lehmbau befindet sich ein Sitzkreis mit einer Feuerschale und Heilkräutern. Hier und im "Raum für Geburt und Sinne" sollen in Zukunft Veranstaltungen wie Workshops stattfinden.

Gemeinsam ans Ziel

Realisiert wurde der Raum durch ein Crowdfunding und durch die Arbeit vieler Ehrenamtlicher, die tatkräftig Lehmziegel fertigten und mitbauten. Bestehend aus insgesamt rund 3500 Ziegeln, wurde das Gebäude in zwei Teilen vorgefertigt und in Hittisau zusammengesetzt. An der Errichtung waren neben Anka Dür auch die Architektin Anna Heringer, die Designerin Sabrina Summer und der Lehmbaupionier Martin Rauch beteiligt.

Service

Geburtskultur a-z - Raum für Geburt und Sinne
Gebultskultur - Konzept Raum für Geburt und Sinne

Die aktuelle Jubiläumsausstellung "Geburtskultur - Vom Gebären und geboren werden" ist im Frauenmuseum Hittisau noch bis zum 18. April 2021 zu sehen.

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