Ausstellungsansicht

NICOLE HEILING

Das Objekt der Begierde

Haydn-Haus Eisenstadt

Jedes Haus ist auch Spiegel der Geschichte seiner Bewohnerinnen und Bewohner. Das trifft auch auf das Domizil des Komponisten Joseph Haydn (1732 bis 1809) zu. Fast dreißig Jahre war er am Hofe der Fürsten Esterházy in Eisenstadt tätig, fernab von Wien - und hier konnte er "Original werden" (Eigendefinition JH). Mehr als ein Jahrzehnt lang tat er das in jenem Haus, wo heute das Haydnmuseum zu finden ist. Und dort wird ein Dokument ausgestellt, das man im ausgehenden 18. Jahrhundert nicht sofort erwarten würde.

Das Haus steht heute in der Haydngasse in Eisenstadt (vormals Klostergasse, aufgrund der Nähe zum Franziskanerkloster), es ist Wohnhaus Joseph Haydns und seiner Frau Maria Anna Theresia. Sie erwerben es 1766 und werden zwölf Jahre dort leben. Dafür muss er sich Geld von seinem Schwiegervater ausleihen, und auch ein Darlehen des Dienstherrn wird benötigt. Der Hauskauf ist quasi eine Verpflichtung Haydns und vom Fürsten auferlegt. Sein neuer Hofkapellmeister soll sich eine eigene, repräsentative Bleibe erwerben, die dem höheren gesellschaftlichen Stand entsprich.

Der neue Hausbesitzer ist anfangs sehr vom Pech verfolgt, 1768 brennt das Gebäude fast bis auf die Grundmauern ab. Ursache dafür ist eine Feuersbrunst in Eisenstadt als Folge eines Blitzschlages. Eine daran anschließende Feuerwalze schlägt eine riesengroße Schneise in die Häuserzeilen Eisenstadts. Auch Joseph Haydns Haus ist davon betroffen. Damit nicht genug - acht Jahre später fressen sich neuerlich Flammen durch die Eisenstädter Unterstadt und beschädigen das Haydn-Haus aufs Neue.

Glück im Unglück

Doch Haydn hat Glück im Unglück: Er hat eine Art von "Versicherung" abgeschlossen, und diese kommt zum Teil für die Schäden auf. Dafür muss Haydn allerdings eine Liste anfertigen, eine sogenannte "Brandconscription", wo er alle Gegenstände, die bei dem Brand verlorengegangen sind, auflistet.

In einer Vitrine im ersten Stock des heutigen Haydn-Museums, im zweiten Ausstellungsraum mit zwei straßenseitigen Fenstern in Richtung der heutigen Haydngasse, findet man einen etwa Schulheft großen Pergamentzettel in Haydns Handschrift mit diese Aufstellung.

Diese hat er offensichtlich nicht so sehr nach dem Wert der Schadensobjekte gemacht, sondern er dürfte aus dem Gedächtnis herausgeschrieben haben: er notiert "Hühner" die im Brand umgekommen sind, und danach steht dann gleich "Zwei Ringe mit Brillanten". Weiters "an Mobilar ein Gläserkasten, ein eingelegter Schrank, fünfzig Bilder samt Glas und Rahmen." Interessanterweise sind weder Instrumente noch Noten aufgelistet. Möglicherweise konnten Noten und Instrumente rechtzeitig vor dem Feuer gerettet werden.

Haydnhaus Eisenstadt

KBB

"Schadensmeldung an die Versicherung"

Heute würde man zu diesem Exponat, der "Brandconscription" vermutlich "Schadensmeldung an die Versicherung" sagen. Immerhin kann sich Haydn mit dieser Zuwendung einen Teil des Wiederaufbaues finanzieren. Geschäftstüchtig, wie er auch als Komponist ist, weiß er sich auch hier fürstlich zu helfen. Denn zusätzlich lukriert er noch eine großzügige Unterstützung seines Dienstherrn, und somit kann Joseph Haydn das Haus wieder aufbauen. 1778 wird das Haus dann verkauft.

Die nachfolgenden Besitzer haben natürlich gewisse Umbau- und Renovierungsarbeiten vorgenommen, die Zimmer werde neu ausgemalt, und im Laufe der Zeit sind dadurch viele Farbschichten hinzugekommen. In einigen Zimmern findet man bis zu 21 unterschiedliche Schichten übereinander, und diese erzählen natürlich auch eine Geschichte: diese ist im Detail aber noch zu erforschen.

Der Geschichte der Haydn’schen Brandconscription kann im Haydnhaus Eisenstadt nachgespürt werden.

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