Blick in die Küche

Bahur Tov - ORF/JOSEPH SCHIMMER

Tao

Koschere Beisltour durch Wien

Für Jüdinnen und Juden rund um den Globus ist derzeit eine besondere Zeit, die sogenannten "Hohen Feiertage". Das jüdische Neujahrsfest Rosch ha-Schana hat am Abend des 18. September begonnen. Am 27. September beginnt der Versöhnungstag Yom Kippur. Ein stiller Tag, mit viel Gebet und strengem Fasten. Davor und danach freilich, darf gut gegessen werden. Alles ganz koscher versteht sich - und dazu bieten sich in Wien immer mehr Möglichkeiten.

Die grundsätzliche Entscheidung lautet: milchig oder fleischig? Denn beides darf nicht auf einmal zu sich genommen werden. Die Trennung von milchigen und fleischigen Speisen ist eines der zentralen Kennzeichen der koscheren Küche. Sie geht auf die Thora - die fünf Bücher Mose in der hebräischen Bibel - zurück. Dort steht ganz eindeutig: Du sollst ein Zicklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen. Und um sicher zu gehen, dass einem ja kein Fehler unterläuft, keine Ungenauigkeit, kein Missgeschick, wurde im Laufe der Zeit beschlossen, Milch- und Fleischprodukte generell strikt zu trennen.

In Wien sind die meisten der koscheren Lokale fleischig. Das bedeutet, der kleine Braune nach der Mahlzeit, der Cheeseburger oder der Käse auf der Pizza - all das beruht auf Sojabasis, nicht auf tierischer Milch. Sojalatte wird hier also nicht getrunken, weil man eine Laktoseintoleranz hat - sondern weil man die religiösen Vorschriften des Judentums ernst nimmt.

Theke im Novellino

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Am Mittwoch ins Alef Alef

Das traditionsreichste der koscheren Lokale in Wien ist das Alef Alef in der Seitenstettengasse im ersten Bezirk, in unmittelbarer Nähe der großen Synagoge. Ein besonderer Tag ist hier der Mittwoch, da gibt es ein reichhaltiges Buffet. Man muss sich also nicht auf eine Speise beschränken, sondern kann sich durchkosten. Da gibt es natürlich traditionelle jüdische Gerichte: Suppe mit Mazzesknödel etwa (die entfernt an Griesnockerl erinnern), Hummus oder Salat aus Gurken, Tomaten und Paprika, der durch Zitronensaft, Petersilie und Minze seinen charakteristischen Geschmack bekommt.

Daneben aber auch österreichische Hausmannskost. Denn vieles davon ist eigentlich koscher, wenn das Fleisch nicht mit Milch in Berührung kommt und wenn kein Schweinefleisch verarbeitet wird. Das ist in der koscheren Küche streng tabu. Gulasch etwa, Krautrouladen, das traditionelle Wiener Schnitzel vom Kalb, Huhn in den verschiedensten Varianten - all das darf genossen werden.

Teriyaki im Mea Shearim

Ebenfalls fleischig sind zwei Lokale im zweiten Bezirk, das trendige Mea Shearim, das auf asiatische Küche setzt: Teriyaki etwa oder Wok. Und auch Sushi wird hier angeboten. Denn: Fisch (wenn er Flossen hat und Schuppen) ist ebenfalls koscher. Und: er ist neutral, kann also gemeinsam mit milchigen und fleischigen Speisen gegessen werden.

Auch Gemüse, Brot, Reis, der so beliebte Couscous und so weiter sind neutral - parve heißt der Fachausdruck dafür - und können zu allen Gerichten gereicht werden.

Urig wird’s im Bahur Tov

Fleischig - aber wesentlich uriger als im hippen Mea Shearim - geht es nur wenige Häuserblocks entfernt, im Bahur Tov zu. Hier gibt es unter anderem würzige Grillgerichte, zu Preisen, die sich nicht von denen anderer Lokale unterscheiden. Das ist bemerkenswert, denn die koscheren Zutaten sind einerseits teurer und andererseits gilt es noch eine Dienstleistung zu finanzieren, die notwendig ist, um den Vorgaben der jüdischen Religion zu entsprechen: alle verwendeten Lebensmittel müssen von einem Kontrollor, einem sogenannten Maschgiach kontrolliert werden - er stellt sicher, ob alles den strengen Reinheitsvorschriften entspricht. Ob nicht zum Beispiel Schnecken oder Ameisen das verwendete Gemüse unkoscher machen.

Ein Mann blickt aus einem Küchenfenster

Blick in die Küche des Bahur Tov - oder: aus der Küche; je nach dem.

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Erst wenn das ausgeschlossen ist, können die Zutaten verkocht werden - und einer sehr vielfältigen Klientel angeboten. Traditionell gekleidete, orthodoxe Jüdinnen und Juden (Frauen mit Perücken etwa oder Männer mit den charakteristischen schwarzen Anzügen) sind hier ebenso anzutreffen wie junge Leute aus der Umgebung, bunt tätowiert und lässig gekleidet. Sie kommen nicht aus religiösen Gründen hierher, sondern einfach, weil sie sich hier wohlfühlen.

Auf ein Glaserl ins Ferszt

Gleich gegenüber dem Bahur Tov befindet sich die Vinothek Ferszt. Hier werden ausschließlich koschere Weine angeboten - aus unterschiedlichsten Ländern: aus Österreich ebenso wie aus Italien oder Frankreich, der neuen Welt oder Israel. Ob rot oder weiß, trocken oder lieblich - das Angebot ist vielfältig.

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Eines haben alle diese Weine gemeinsam: sie sind geprüft, haben ein Zertifikat, dass sie den Koscher-Vorschriften entsprechen. Entscheidend dafür ist, dass sie nicht mit tierischen Produkten in Berührung gekommen sind. So zum Beispiel, dass die Filter zum Klären der Weine nicht mit tierischer Gelatine gereinigt wurden.

Beratung, Verkostung, ein Plausch mit Stammkundinnen und Kunden - das Angebot wird von einer jüdischen Klientel ebenso angenommen wie von einer nicht-gläubigen Kundschaft, bestätigt Inhaber Eddie Ferszt. Der auch darauf hinweist, dass Wein zu fleischigen Speisen ebenso gut passt wie zu milchigen.

Kühlvitrine

Fischtheke im Novellino

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Novellino-Chefin verrät ...

Auf diese hat sich die Pizzeria Novellino in der Zirkusgasse, ebenfalls in Wien-Leopoldstadt, spezialisiert. Hier werden Pizzen mit Käse und neutralem Belag angeboten, ebenso wie vegetarische Vorspeisen, Salate und Fisch. Für Inhaberin Larissa Aulov ist es, wie sie selber sagt, auch persönlich wichtig, koscher zu essen. Nur dann, wenn diese Art der Reinheit gewährleistet ist, hat sie beim Essen ein gutes Gefühl, bestätigt sie. Und allen, die jetzt neugierig geworden sind, verrät sie ihr Rezept für den Klassiker Gefilte Fish:

"Ich nehme immer einen Karpfen und häute ihn. Das Innere des Fisches wird von Gräten und anderem Nicht-Essbaren gereinigt und zerkleinert. In die Masse mische ich geröstete Zwiebel, Eier, Salz und Pfeffer sowie Mazzesmehl (das es im koscheren Supermarkt gibt). Die Masse wird gut durchmischt und wieder in die Haut des Karpfens gefüllt. Das ganze wird dann in einem Sud mit Lorbeerblättern, Pfefferkörnern, Zwiebeln und Karotten langsam gegart. Das dauert ca. Eineinhalb bis zwei Stunden. Dann den Fisch abkühlen lassen. Dazu reicht man eine Mischung aus Kren, Salz, Pfeffer, Essig und Roten Rüben. Mahlzeit."

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