Milo Rau

ORF

Episode 15

Milo Rau über die Paranoia des westlichen Denkens

Petra Erdmann spricht mit Kulturschaffenden über Ängste, Krise und Bedrohungsszenarien in unsicheren Zeiten. Zu Gast in der Episode 15 des "Who's Afraid of …"-Podcast ist Milo Rau: "Plötzlich war so viel Zeit da, Konzentration, Zärtlichkeit und Freundschaft ..."

Who's Afraid of ... Milo Rau?!

"... Ich betone schon fast hysterisch die schönen Dinge, aber ich langweile mich angesichts der Panik, Angst und des Todes. Wir haben doch gelernt damit umzugehen." - Die Langfassung dieser Ö1 Sendung im Ö1 Podcast hören

Der Schweizer Theatermacher, Filmregisseur und Essayist Milo Rau polarisiert. Seine multimedialen Inszenierungen sind oft von realen politischen Konflikten inspiriert. Zuletzt hat der Intendant des belgischen Staatstheaters NTGent bei den Salzburger Festspielen das Stück "Everywoman" inszeniert. Eine echt Krebskranke und eine Schauspielerin ringen einsam mit dem sicheren Tod. Sein Projekt "Antigone im Amazonas" mit bedrohten indigenen Landlosen in Brasilien musste er im März Corona-bedingt abbrechen.

Das Theater ist Opfer einer bürgerlichen Architektur

"Natürlich ist Theater eine Kunst der Präsenz. Aber man braucht dafür nicht in die goldgeschmückten Kammern des 19. Jahrhunderts gehen. Das Theater, auch meines, ist Opfer einer bürgerlichen Architektur", gibt sich Milo Rau angesichts der Theaterkrise im "Who's Afraid of"-Podcast überzeugt, "man kann auch wo anders spielen, ob im öffentlichen oder virtuellen Raum." Es ist Zeit, zu experimentieren gegen "den kleinbürgerlichen Fetisch der Präsenz".

Im Rahmen des steirischen herbstes wird Milo Rau mit dem Kameruner Philosophen Achille Mbembe über die Paranoia des westlichen Denkens diskutieren und seinen kontroversiellen Standpunkt vertreten: "Zynischer Weise könnte man sagen, dass etwas gegen Corona unternommen wird, weil es die Krankheit des alten, weißen, westlichen Mannes ist." Gegen Malaria und Hunger sterben jeden Tag, seit Jahren viele Menschen. Das sei aber die nicht die Krankheit des Westens, gibt Milo Rau zu bedenken: "Die Leute im globalen Süden scheinen egal für die Gesamtrechnung."

Frau mit MNS-Maske vor dem Gesicht

ORF/ISABELLE ORSINI-ROSENBERG

Ö1 Podcast

Die ausführlichen Gespräche von Petra Erdmann und Thomas Edlinger finden Sie im Ö1 Festival-Podcast zum steirischen herbst.
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Im Spannungsfeld zwischen persönlicher Erfahrung und künstlerisch-erzählerischer Reflexion fragt der Ö1-Festivalpodcast zum steirischen herbst "Who's Afraid of ..." nach: Können wir - angesichts des Virus - nicht einmal mehr uns selbst trauen? Kann man sich gegen Krisenerfahrungen immunisieren? Wie kommt man mit einer als unheimlich empfundenen Zukunft klar? Wie ansteckend ist Paranoia und wer profitiert von ihr? Wie lassen sich die neuen Ängste zwischen Lockdown und Verharmlosung künstlerisch bearbeiten?

Mit Kulturschaffenden und Protagonistinnen des steirischen herbstes 2020 führen Petra Erdmann und Thomas Edlinger Gespräche über Ängste, Krisen und Bedrohungsszenarien in unsicheren Zeiten; die Atmosphäre des Ausnahmezustands vertont der Soundkünstler Manfred Engelmayr.

Service

PARANoIA TV - Programm zum steirischer herbst '20
PARANoIA TV - Am 17.10. diskutiert Milo Rau mit dem Historiker und Politologen Achille Mbembe über "Die Paranoia des abendländischen Geistes"

International Institute of Political Murder - Milo Rau
Theater NT Gent

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